Vom Alex aufs Dorf

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Den “Original-Döner” im Gepäck – Ein Berliner in Heidelsheim

Ein bisschen schmunzeln muss man schon wenn Recep etwas ratlos vor der Glastür seiner Döneria steht und kopfschüttelnd das bereits um 20 Uhr in gemächlichen Halbschlaf gleitende Heidelsheim begutachtet. “Alle Läden haben zu…die Leute gehen schon nach Hause” sagt er und kann es gar nicht so richtig fassen. Kein Wunder, schließlich hat er jahrelang in Berlin, mitten auf dem Alexanderplatz Döner verkauft. “24 Stunden haben wir aufgehabt…jeden Tag der Woche…immer war etwas los” erzählt er ein kleines bisschen wehmütig und berichtet von einem bunten Publikum aus Schichtarbeitern, Frühaufstehern, Nachteulen und Afterhour-Feiernden” das sich in seinem Berliner Büdchen zu jeder Tag und Nachtzeit eingefunden hat. “Der Alex ist Deutschlands Dreh- und Angelpunkt” schwärmt Recep versonnen.

Dass er jetzt Döner im – in Relation zu Berlin – vergleichsweise kleinen Heidelsheim verkauft, hat rein private Gründe. Seine Frau hat eine gute Anstellung bei einer Großbäckerei in Karlsruhe gefunden, auch die Tochter ist zwischenzeitlich in der Region zuhause. Und da auch er nur dort zu Hause sein kann, wo seine Liebsten sind, durchlebt Recep gerade das vermutlich größte Downgrade, dass man sich in Sachen Kiezgröße nur vorstellen kann – Vom Alex aufs Dorf…von Berlin nach Heidelsheim.

Gut gefällt es ihm hier dennoch, auch wenn er das “Kleine” erst einmal für sich entdecken muss. Der Laden läuft gut, erzählt er uns…so gut, dass er sich sogar überlegt bald einen Zweiten im Raum Bretten zu eröffnen. Denn neben seinem Geschäftssinn hat Recep noch etwas Anderes aus Berlin mitgebracht, eine Mission könnte man sagen. “Der Döner, der hier in Baden-Württemberg verkauft wird, ist kein originaler Döner” ist er sich sicher und will daher Abhilfe schaffen. Die Schwachstellen hat er bereits ausgemacht… “Bei der Soße verdünnen viele hier einfach Mayonnaise mit Wasser, das geht gar nicht” sagt er und zeigt und seine Soße. Die besteht aus Joghurt, selbst angesetztem Knoblauch und mehreren Kräutern. Auch beim Gemüse gibt es Kritik des Experten aus Berlin, wo der Legende nach vor recht genau 50 Jahren anno 1972 der Döner erfunden wurde. “Hier wird das Rotkraut einfach frisch aufgeschnitten und direkt auf den Döner gelegt, das macht man so nicht.” Recep dagegen setzt sein Rotkraut zwei Wochen zuvor an, würzt es und lässt es im eigenen Saft in einem Eimer im Kühlschrank reifen.

Tatsächlich schmeckt sein Döner anders, als man es hier im Kraichgau bisher gewohnt ist. Irgendwie etwas aromatischer und intensiver, vor allem der Knoblauch haut uns beim testen erstmal aus den Socken. Amoureuse Verabredungen am selben Abend sollte man nach Receps Döner zumindest erstmal nicht einplanen… Unterm Strich aber äußerst lecker, tatsächlich macht das eingelegte Kraut einen schmeckbaren Unterschied aus. Auch was die Schärfe angeht, kennt Recep keine Kompromisse. “Harissa, was sonst” legt er sich fest. Dabei handelt es sich um eine aus dem Maghreb stammende Paste aus Chilis, Kreuzkümmel, Koriandersamen, Knoblauch und Olivenöl. Das Ergebnis schmeckt schön scharf im Mund, ohne dabei aber allzu sehr zu brennen… wobei das natürlich auch eine Frage der Dosierung ist.

Ansonsten finden sich auf der Karte von Receps ‘Best Döner” auch Spezialitäten aus Persien. Zum Beispiel Makloub – ein Gericht bestehend aus besagter Harissa-Paste Thunfisch, Käse, Salat und Soße. Darüber hinaus gibt es die üblichen Verdächtigen wie Pizza, Falafel und sogar ein paar deutsche Klassiker wie Currywurst oder Schnitzel.

Das Angebot passt also, nun muss auch der Markt mitspielen. Rein rechnerisch, sollte das eigentlich kein Problem sein. Wer sich in Berlin durchsetzen kann, einer Stadt die als Hauptstadt des Döners bezeichnet wird und 16.000 Dönerläden in seinen Grenzen weiß, der schafft es auch in Heidelsheim, wo es bislang nur eine weitere Dönerbude gibt. Während in Berlin also eine Dönerbude etwa auf 225 Einwohner kommt, sind es in Heidelsheim etwa 2500 Einwohner pro Bude. Ganz so quirlig wie auf dem Alex mag es bei uns zwar nicht zugehen, dafür hat Heidelse aber andere Vorzüge und davon nicht zu knapp.

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1 Gedanke zu „Vom Alex aufs Dorf“

  1. Danke für den Hinweis. Ich bin immer offen und neugierig für Gerichte. Es ist gut, wenn man hier was orignelles bekommt und nicht irgend was zusammen gewürfeltes.

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