Gastgeber ohne Gäste – Die Kurgemeinde Bad Schönborn hofft auf den Neustart des Tourismus und will sich dabei auf den eigenen, wiederentdeckten Markenkern konzentrieren
Entspannung, Ausgleich, Harmonie, Wohlbefinden… die von der Wellness -Branche bisher inflationär verwendeten Worthülsen, sind im eiskalten Winter des Jahres 2021 zu echten und wahrhaftigen Ausdrücken handfesten Sehnsüchte geworden. Mal wieder ausspannen, einen Tapetenwechsel erleben, eine Massage genießen, in der Sauna schwitzen, schön essen gehen – wer sehnt sich im bald ein Jahr andauernden, alltäglichen Corona-Stress nicht danach?
Das Tragische an all diesen Begehrlichkeiten: Im Kurort Bad Schönborn sind sie sich so nah und gleichzeitig derzeit doch so fern. Der Wellness-Tempel Thermarium liegt einsam, still und verlassen da, draußen dampfen die abgedeckten Solebecken, die Liegestühle stehen bereit und nur ein Knopfdruck trennt die Saunalandschaft vom Hochfahren auf Wohlfühltemperaturen. Die Restaurants und Hotels, die den großen, gerade aufwendig und neu gestalteten Kurpark in Mingolsheim säumen, sind geschlossen, die Betten leer und die Küchen kalt. Es ist schon verrückt. Diese Anlagen stehen Gewehr bei Fuß, sind jederzeit bereit Gäste zu empfangen. Selbige würden schrecklich gerne kommen, sind regelrecht ausgehungert nach Entspannung…. Doch die Pandemie ist gnadenlos und verhindert, dass zusammenfindet, was normalerweise zusammen gehört.
Bad Schönborn trifft der Lockdown knüppelhart, alleine die Schließung des Thermariums schlägt jeden Monat mit einem deftigen, sechsstelligen Betrag zu Buche, berichtet Geschäftsführer Markus Hoppe. Einfach so abschalten lässt sich die weitläufige Anlage nämlich nicht, selbst im Standby sind die laufenden Kosten für Energie und Wartungen immens. Auch die Gastronomen und die Hoteliers der Kurgemeinde sitzen auf dem Trockenen, ob alle von Ihnen die lange Durststrecke überstehen werden, ist alles andere als gewiss.
Flucht nach vorne ins Unbekannte
Doch Gemeinde und Kurverwaltung wollen sich nicht in Selbstmitleid ergehen, treten stattdessen mit erhobenem Kopf die Flucht nach vorne an. In den vergangenen Wochen hat Bad Schönborn einen komplett neuen Markenauftritt für das eigene Image erarbeitet. Mit dem neuen Claim “Bad Schönborn Meine Natur” soll der Neustart das Tourismus und die Rückkehr der Gäste nach Bad Langenbrücken und Bad Mingolsheim gelingen. Auf rund 50 Seiten haben Bad Schönborn und seine vielen privaten Gastgeber einen Urlaubskatalog für 2021 aufgesetzt, der von Angeboten geradezu strotzt. Egal ob Aktivurlaub, Therapie-Reisen, Wellness-Aufenthalte oder Familienurlaube – hier dürfte für so ziemlich jeden etwas dabei sein.
Die Angebote sind alle auf den neuen Markenkern der Gemeinde ausgerichtet, der sich künftig auf die zwei Alleinstellungsmerkmale “Natur” und “Wasser” fokussieren will. Dafür stehen auch die neuen Logos der Gemeinde und des Thermariums, die durch die geschwungenen Wellen in grün und blau, diese Rückbesinnung auf die Bad Schönborner Kernkompetenzen zum Ausdruck bringen sollen. Schließlich sind es die sanften Hügel und das salzhaltige Quellwasser aus der Tiefe, die schon seit Generationen Gäste dazu bewegen hier Urlaub zu machen.
Bad Schönborn hat nicht nur für die neue Marketingstrategie, sondern auch für den Ausbau der eigenen Infrastruktur in Sachen Tourismus, viel Geld in die Hand genommen. Schließlich gilt es mit der Konkurrenz Schritt zu halten und diese findet sich allein in Baden-Württemberg zuhauf. Viele Kurorte konkurrieren um Gäste, jeder will von der Rückbesinnung auf Inlandsreisen ein Stück des Kuchens abbekommen.
Ob das Konzept für Bad Schönborn in diesem Jahr aufgehen wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt schwer sagen. Schließlich gibt es da ja noch die große und bis vor einem Jahr nicht vorherzusehende Variable mit dem hässlichen Namen Corona. Restaurants und Therme sind derzeit geschlossen, touristische Übernachtungen verboten. Ob alle Versprechen die der große Bad Schönborner Urlaubskatalog 2021 seinen Gästen unterbreitet, tatsächlich auch eingelöst werden können, hängt deshalb natürlich mit der Entwicklung der Pandemie zusammen und die ist bedauerlicherweise immer für Überraschungen gut. “Wir müssen ja aber weitermachen, können den Kopf nicht in den Sand stecken” gibt sich Klaus Heinzmann, Leiter der Tourist-Information Bad Schönborn gleichermaßen kämpferisch wie zuversichtlich.
Ein bedeutsamer Umstand spricht in jedem Fall hoffnungsstiftend für den Kurs der Gemeinde: Mit jedem Tag, den diese Krise weiter andauert, steigt das Bedürfnis nach Auszeit, Ruhe und Erholung. Wenn es dann soweit ist, steht Bad Schönborn mit offenen Armen, offenen Toren und einem brandneuem Tourismuskonzept bereit.
Der „Thermen“-Bereich des Thermariums sollte vielleicht nach 40 Jahren mal saniert/modernisiert werden. Die Umkleiden und Schließfächer sind heruntergekommen, Sichtbeton und kahle Betonemporen sowie die wenig einladenden Becken tragen jedenfalls zu meiner Entspannung nicht mehr bei. Die Sauna ist okay, ist ja auch neu gemacht. Also Bad Schönborn: Ihr habt was zu tun. Aqwa, Bademaxx, Miramar, Europabad, Vierordtbad, Aquadrom, das sind Eure Konkurrenz. Solewasser haben die teilweise sogar auch…..