Weiterhin erhebliche Investitionen in Kindergärten und Schulen
Vom Östringer Gemeinderat wurde am Montagabend der von der Verwaltung eingebrachte und in drei Sitzungen des Verwaltungsausschusses ausführlich vorberatene kommunale Etat für das laufende Jahr einstimmig gutgeheißen. „Trotz eines stotternden Konjunkturmotors“, wie es Bürgermeister Felix Geider in seiner Haushaltsrede formulierte, und zumindest eingetrübten Perspektiven, was die staatlichen Zuweisungen von Bund und Land betrifft, bleibt die Kraichgaustadt in sehr vielen Themenfeldern beim Kurs der zurückliegenden Jahre und investiert weiter kräftig in den Erhalt und den Ausbau der Infrastruktur. So wird voraussichtlich ab September mit den Bauarbeiten zur Herstellung eines auf insgesamt drei Millionen Euro veranschlagten Anbaus am Gebäude der Thomas-Morus-Realschule begonnen, der dringend benötigte zusätzliche Unterrichtsräume für die Realschule und auch das benachbarte Leibniz-Gymnasiums bereitstellen soll.
An die Bildungseinrichtungen im Stadtgebiet fließen dieses Jahr außerdem auch rund 500.000 Euro für die Verbesserung der digitalen Infrastruktur sowie die Umsetzung der schulischen Medienentwicklungspläne und 2021 sieht die mittelfristige Finanzplanung dafür nochmals 770.000 Euro vor. Diesen Ausgaben stehen im Kommunaletat für beide Haushaltsjahre zusammengenommen zweckgebundene staatliche Zuschüsse aus dem vom Bund mit den Ländern geschlossenen Digitalpakt in Höhe von 1,05 Millionen Euro gegenüber.
„Dicke Brocken“ im Östringer Haushalt für 2020 sind ferner unter anderem die Fertigstellung des neuen sechsgruppigen Kindergartens Maria Stern in Odenheim sowie der Abschluss der Arbeiten an den Außenanlagen der Kindergärten St. Elisabeth und Johannes Bosco in Östringen. Schließlich will man im Laufe des Jahres zusätzliche Kindergartenplätze durch Inbetriebnahme eines Waldkindergartens im Bereich der städtischen Saatschule auf dem Schindelberg schaffen, schnellstmöglich soll zudem eine weitere Krippengruppe am Odenheimer Kindergarten St. Michael in Betrieb gehen und auch die Verbesserung des Außengeländes des Kindergartens St. Maria Tiefenbach ist bei der Stadt bereits in den Blick genommen.
In der Eichelberger Ortsmitte wird ab Sommer das alte Schulgebäude grundlegend saniert und zu einem multifunktional nutzbaren Dorfgemeinschaftshaus gewandelt.
In Odenheim steht unter anderem die Erneuerung von Gehwegflächen in der Schulstraße sowie Tief- und Straßenbaumaßnahmen in der Unteren Klosterstraße auf der Agenda von Rat und Verwaltung, während in Östringen das Umlegungsverfahren für das neue Baugebiet Dinkelberg IV am westlichen Siedlungsrand vorangetrieben wird, so dass dort voraussichtlich schon 2021 mit den tatsächlichen Erschließungsarbeiten für rund 160 Baugrundstücke begonnen werden kann.
Wie Bürgermeister Geider bei der Einbringung des Haushalts bekräftigte, soll 2020 auch der Ausbau des Glasfasernetzes für schnelles Internet in allen Stadtteilen entschlossen vorangetrieben werden. Im Kernort wird darüber hinaus das Heizhaus für die Nahwärmeversorgung gebaut und das bereits in den Untergrund eingebrachte Leitungsnetz durch Tiefbauarbeiten zwischen Leiberg und Dinkelbergstraße komplettiert. Gefordert ist kommunales Geld in nicht unerheblichem Maß auch im Stadtwald mit einer Holzbodenfläche von 934 Hektar. Die sommerlichen Hitze- und Dürreperioden der letzten Jahre haben ganz erhebliche und flächenhafte Trockenschäden hinterlassen und nun stehen zur Kompensierung in den kommenden Wochen und Monaten umfangreiche Aufforstungsmaßnahmen an. Vor diesem Hintergrund rechnet man bei der Stadtkämmerei allein im laufenden Jahr für den Aufgabenkreis der Waldbewirtschaftung mit einem Defizit von 235.000 Euro.
Die investiven Auszahlungen erreichen in Östringen 2020 ein Volumen von insgesamt rund 8,5 Millionen Euro, nicht zuletzt auch vor diesem Hintergrund enthält der Haushalt 2020 erstmals seit Langem wieder die Ermächtigung zur Aufnahme von Darlehen bis zu einer Größenordnung von 1,5 Millionen Euro.
Der im Ergebnishaushalt kalkulierte Jahresverlust von 760.000 Euro ergibt sich als Differenz aus den laufenden Erträgen von knapp 31 Millionen Euro, darunter sinkende Einnahmen aus dem kommunalen Finanzausgleich, und erhöhten Aufwendungen von mehr als 31,7 Millionen Euro, darunter unter anderem die auf 6,7 Millionen Euro gestiegenen Personalkosten. Aus der kommunalen Gewerbesteuer kann die Stadtkasse 2020 voraussichtlich 4,5 Millionen Euro erwarten, somit 500.000 Euro mehr als noch vor Jahresfrist.
Bei den beiden städtischen Eigenbetrieben für die Wasserversorgung – hier ist auch der Ausbau des Nahwärmenetzes angesiedelt – und die Abwasserbeseitigung erwarten Gemeinderat und Verwaltung dieses Jahr keine größeren Veränderungen. Die Wasserverbrauchsgebühr steigt um fünf Cent auf 1,59 Euro pro Kubikmeter, die Schmutzwassergebühr von 2,62 Euro pro Kubikmeter bleibt unverändert und die Niederschlagswassergebühr steigt um einen Cent auf 40 Cent pro Quadratmeter. Im Zusammenhang mit der notwendigen Sanierung der Östringer Kläranlage beziehungsweise einem alternativ im Raum stehenden Anschluss an den Abwasserzweckverband Kraichbachniederung sind allerdings beim Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung für die kommenden Jahre größere Investitionsmaßnahmen und Auswirkungen auf den Gebührenhaushalt zu erwarten.
Bei der Vorstellung des Haushalts 2020 sparte Bürgermeister Geider nicht mit Kritik an Bund und Land, die seiner Analyse zufolge den kommunalen Aufgabenträgern zwar immer neue Pflichten zuweisen, dazu allerdings oftmals keine hinreichende finanzielle Ausstattung der Kreise, Städte und Gemeinden gewähren. Während die kommunalen Haushalte nach Geiders Worten derzeit schon wegen einer völlig überhitzten Baukonjunktur unter erhöhtem Kostendruck stehen, führe die Verletzung des sogenannten Konnexitätsprinzips zu weiteren Defiziten, wie der Östringer Rathauschef exemplarisch am Beispiel des Bundesteilhabegesetzes und der Unterbringung von Asylbewerben belegte.
Stellungnahmen der Fraktionen und Gruppen des Gemeinderats
Für die im Stadtparlament vertretenen Fraktionen und Gruppen kommentierten Jürgen Lakatos (CDU), Christian Huth (SPD), Heidi Wagenblaß (Unabhängige Liste), Soeren Rabe (FDP/Freie Bürgerliste) sowie Andy May (Bündnis 90/Die Grünen) das 316 Seiten starke Zahlenwerk des Haushalts 2020 und befürworteten dabei unisono die Größenordnung der anstehenden umfangreichen Investitionen.
Wie CDU-Fraktionschef Jürgen Lakatos anmerkte, sei man in den Reihen der Christdemokraten bei der Analyse der Haushaltsdaten und insbesondere bei den Perspektiven für die Folgejahre vor allem auch wegen der aktuell rückläufigen staatlichen Zuweisungen dennoch durchaus „zwiegespalten“. Zeitnahen Handlungsbedarf für die Stadt identifizierte Lakatos unter anderem bei einer bedarfsgerechten Verbesserung der Breitbandversorgung in den großen Siedlungsgebieten von Östringen und Odenheim. Überlegungen für eine CO2-freien Energieversorgung des neuen Baugebiets Dinkelberg IV müsse man nach Ansicht des CDU-Sprechers „sehr genau zu prüfen“, da die Vorgabe einer zentralen Lösung erhebliche Auswirkungen auf die Belange der Grundstückseigentümer hätte. Im Haushalt 2020 vermisst wurden von Stadtrat Lakatos notwendige weitere Impulse zur städtebaulichen Entwicklung der Ortskerne und damit zur Umsetzung eines besonderen Leitthemas des 2015 beschlossenen Stadtentwicklungskonzepts.
„Wir haben in den vergangenen Jahren viel investiert und gebaut, darunter sind keine Prestigeobjekte, alles was gemacht wurde, war auch notwendig“, hielt der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Huth in seiner Stellungnahme fest und attestierte diese Orientierung am tatsächlich Erforderlichen auch den Mittelansätzen des Haushalts 2020. Huth begrüßte die weitere Forcierung des Ausbaus der Platzkapazitäten der Kindergärten und ebenso die an den Östringer Schulen vorgesehenen Investitionen. Für die Sozialdemokraten formulierte er zugleich den Wunsch, dass in gleicher Weise auch „die Carl-Dänzer-Schule in Odenheim unterstützt und als wichtig gesehen wird“. Der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum und auch den Aspekten des sozialen Wohnungsbaus maß Stadtrat Huth für die Zukunft hohe Priorität zu.
Für die Fraktion der Unabhängigen Liste (ULi) kommentierte Stadträtin Heidi Wagenblaß den Etat 2020 und konstatierte mit Genugtuung, dass es der Haushalt in der nun beschlossenen Form ermögliche, wichtige und kostenträchtige Investitionen für Jugend, Bildung und Infrastruktur voranbringen zu können. Ausdrücklich gutgeheißen wurde von Stadträtin Wagenblaß unter anderem die Fortführung des städtischen Nahwärmenetzes, mit dem ein wertvoller lokaler Beitrag zum Klimaschutz geleistet werde.
Die Repräsentantin der ULi stellte in ihrem Statement ferner heraus, dass für den geplanten Waldkindergarten erstmals die Betriebsführung durch einen nichtkirchlichen Träger in den Blick genommen werde und unverändert Verbesserungspotential sah sie für den öffentlichen Personennahverkehr im ländlichen Raum. Sorge bereite nach den Worten von Heidi Wagenblaß auch ihrer Fraktion das Erscheinungsbild der Ortskerne, in Sachen Tourismusentwicklung sah sie Nachholbedarf für die Stadt und unter Bezug auf eine Initiative aus dem Tiefenbacher Ortschaftsrat würde man auch seitens der ULi die Aufstellung eines Bebauungsplans für die Dorfmitte grundsätzlich unterstützen.
Stadtrat Soeren Rabe unterstützte als Sprecher der Fraktion FDP / Freie Bürgerliste die geplanten umfangreichen Investitionen unter anderem im Kontext von Kinderbetreuung, Bildung, Digitalpakt und Klimaschutz. Nach einer deutlichen Rückführung des kommunalen Schuldenstands in den zurückliegenden Jahren müsse man seiner Einschätzung nach auch wegen schwieriger werdenden gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die kommenden Jahre wieder mit einem Anstieg der Verbindlichkeiten rechnen. Hier gelte es, „gute Ideen zu entwickeln, um noch Potential für eine Entlastung des Haushalts oder für eine Steigerung der Einnahmen zu entdecken“, meinte Rabe. Unter Bezug auf eine mutwillige Sachbeschädigung im Bereich des Bildungszentrums in der Silvesternacht wünschte sich der Sprecher der Fraktion FDP/Freie Bürgerliste, dass „der Respekt vor unseren Mitmenschen, vor deren Eigentum und vor unser aller Eigentum“ künftig wieder stärker in den Mittelpunkt der Gesellschaft rückt.
Für die erst seit den Kommunalwahlen 2019 im Östringer Gemeinderat vertretene Gruppe Bündnis 90/Die Grünen war die Haushaltsverabschiedung 2020 eine Premiere und ihr Sprecher Stadtrat Andy May hob bei seiner Stellungnahme zum Etat insoweit hervor, dass etliche nun in dem Zahlenwerk berücksichtigte Projekte „vor unserer Zeit“ beraten und beschlossen worden seien.
Über die erstmals wieder notwendig werdende Kreditaufnahme sind die Grünen „nicht besorgt“, wie May festhielt, dies insbesondere auch wegen der wirtschaftlich günstigen Rahmenbedingungen in Östringen und dem wohl auch längerfristig günstigen Zinsniveau. Die anstehenden umfangreichen Projekte sah Stadtrat May als „Investitionen in die Zukunft“, die sich „in Kennzahlen der Attraktivität für ein nachhaltiges, sozialverträgliches Östringen und einer chancengleichen Gesellschaft“ niederschlagen werden. Mehr Offenheit und mehr Engagement wünschte sich der Grünen-Vertreter für die Lebenslagen und Bedürfnisse von jungen Menschen. Und eine zentrale Aussage in der Stellungnahme von Stadtrat May bezog sich auf die notwendigen Konsequenzen des einsetzenden Klimawandels: „Wir brauchen nicht „etwas“ Klimaschutz – wir brauchen alles was geht, auf allen Ebenen, Bund – Land – Kommune.“
Von Wolfgang Braunecker / Stadt Östringen