Welt und Wirtschaft blicken rauen Zeiten entgegen – Die Volksbank Bruchsal-Bretten will diesen gemeinschaftlich und mit neuer Stärke begegnen.
Bilanzpressekonferenzen gehören für Journalisten eher zu den Terminen, mit denen man keine allzu hohen Erwartungen verknüpft. Das Prozedere ist dabei immer gleich: Man trinkt einen Kaffee und lauscht den Ausführungen des Vorstandes zum vergangenen Geschäftsjahr, während die PowerPoint-Präsentation mit Zahlen und Daten von einer Folie zur nächsten rauscht. Redaktionelle Routine – business as usual.
Die heutige Bilanzpressekonferenz der Volksbank Bruchsal-Bretten wich aber in jeder Hinsicht von dieser Routine ab. Er wolle sie nicht gerade historisch nennen, dennoch bringe sie viele Besonderheiten mit sich, so Vorstand Roland Schäfer am Beginn der alljährlichen Runde mit Pressevertretern aus der Region. Viele Veränderungen stünden an, so Schäfer weiter, eine davon betreffe ihn auch selbst. Tatsächlich war diese Präsentation seine letzte, denn schon in zehn Tagen wird Roland Schäfer in den Ruhestand verabschiedet, nahezu zeitgleich mit seinen zwei Kollegen Volker Gaa und Gerhard Rübenacker. Damit schrumpft der Vorstand der Volksbank Bruchsal-Bretten von sechs Mitgliedern auf drei, das allerdings aus gutem Grund, schließlich wirft die Fusion mit der Volksbank Kraichgau bereits ihre Schatten voraus. Wenn alles klappt, werden die beiden Banken bereits im Herbst auf technischer Ebene miteinander verschmelzen und künftig vereint unter dem Namen “Volksbank Kraichgau” auftreten. Die auf beiden Seiten im Vorfeld geschrumpften Vorstände bilden danach vereint die neue Vorstandschaft der fusionierten Bank – seitens Bruchsal-Bretten werden Andreas Hahn, Juan Baltrock und Dimitrios Meletoudis Teil der neuen Führungsebene.
Die Fusion bringt auch für die Kundschaft ein paar Änderungen mit sich, viele sind es aber in der Praxis nicht. Die aktuell bestehenden Filialen bleiben erhalten, abgesehen von Hambrücken, Östringen und Wiesental, wo bislang beide Banken jeweils mit einer eigenen Filiale vertreten sind, die nachvollziehbar zusammengelegt werden sollen. Gewöhnen müssen sich Bankkunden auch an eine neue IBAN, allerdings nicht so schnell, die bestehenden Kontodaten können noch über Jahre weiter genutzt werden.
Soweit ein erster Ausblick auf diese neue Volksbank Kraichgau, nun zurück zur Gegenwart und zur Situation der Volksbank Bruchsal-Bretten im zurückliegenden Jahr. Für Zahlenfreunde hier zunächst ein paar harte Fakten: Als Genossenschaft organisiert wird die Volksbank Bruchsal-Bretten derzeit von über 64.000 Mitgliedern getragen, rund 1500 kamen im vergangenen Jahr neu dazu. Damit ist die Bank die größte Personenvereinigung in der Region, eine Vereinigung, die von Menschen aus über 90 Nationen gebildet und getragen wird.
Diese Vereinigung hat zusammen mit den 526 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bank im zurückliegenden Geschäftsjahr für eine Bilanzsumme von 3,4 Milliarden Euro gesorgt – ein Plus von 4,2 Prozent. Sowohl die Kundenkredite als auch die Kundeneinlagen legten spürbar zu. Erstere um 12,1 Prozent auf rund 2,6 Milliarden, zweitere um 6,7 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. Der reine Bilanzgewinn 2022 lag bei 4 Millionen Euro.
Um auf die veränderten Nutzungsgewohnheiten der Kundschaft besser reagieren zu können, interagiert die Bank zwischenzeitlich über eine ganze Reihe von Kanälen. Während das klassische Filialgeschäft immer weniger in Anspruch genommen wird, nutzen die Menschen zwischenzeitlich insbesondere die online verfügbaren Angebote. Neben der VR Sisy, einer Kombination aus ortsgebundenen und online verfügbaren Services, gibt es neuerdings auch PIA, eine virtuelle, persönliche Immobilienassistentin, über die Gutachter, Handwerker, Bewertungen und mehr gemanagt werden können sowie den ebenfalls virtuellen MICHA, der rund um die Uhr für alle Fragen rund um den Erwerb und die Finanzierung von Immobilien zuständig ist.
Der Immobilienbereich ist derzeit einer der Geschäftsbereiche, auf den die Volksbank mit Sorgen blickt. Die Zahl der Immobilienkredite ist in den letzten Monaten spürbar eingebrochen und auch Wohnungsbaugesellschaften haben für das laufende Jahr bereits angekündigt, keinerlei neue Projekte umsetzen zu wollen. Hintergrund ist die schwierige Marktsituation sowie die angespannte Preislage, welche in fataler Kombination kaum ein Bauprojekt verlässlich planbar machen.
Es ist bei weitem nicht die einzige Herausforderung, vor der die mittelständischen Unternehmen in der Region derzeit stehen. Vieles befindet sich derzeit in einem rapiden Wandel, der so manche Geschäftsführung an die Grenzen des Machbaren bringt. Laut einer von der Volksbank Bruchsal-Bretten durchgeführten Befragung, ist es insbesondere das Thema Personalentwicklung, das die Unternehmen umtreibt und wobei sie sich eine echte Hilfestellung wünschen. Die Volksbank plant daher die Einrichtung einer ganz neuen Genossenschaft, die sich genau diesen Themen und möglichen Lösungswegen verschreiben möchte. Man sei sich zwar bewusst, dass diese neue Genossenschaft weitab der klassischen Geschäftsfelder einer Bank rangiere, doch verfüge man durch das große Netzwerk über das notwendige Know-how, um hier erfolgreich agieren und helfen zu können, so der dahinterstehende Gedanke. “Nichts tun ist für uns einfach keine Option” begründet Roland Schäfer die Entscheidung zugunsten der neuen Genossenschaft, die voraussichtlich den Namen “Potentialbar” tragen wird. Dass die Unternehmen Unterstützung brauchen, steht für den scheidenden Vorstand aber außer Frage. “Die anstehenden Veränderungen werden erheblich sein – da geht es um echt große Summen und Investitionen”.
Beruhigende Worte findet der erfahrene Banker zum Schluss aber für all jene, die sich derzeit um eine ernste Schieflage des deutschen Bankwesens sorgen – gerade im Hinblick auf die jüngsten Ereignisse rund um die angeschlagenen Geldhäuser Credit Suisse und die Silicon Valley Bank. „Das, was in der Schweiz und den USA passiert ist, kann hier nicht passieren, weil wir einfach nicht so auf den Kapitalmarkt angewiesen sind”.