Küsse unterm Regenbogen

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Kann Liebe wirklich Sünde sein

von Philipp Martin

Gleich mal vorab Freunde, um dies auch unmissverständlich klarzustellen: Ich bin ein Connaisseur des Hasses. Ich hasse reichlich, inbrünstig und heterogen. Kleine Auswahl gefällig? Nun, here we go: Ich hasse es müde zu sein, aber nicht schlafen zu können, ich hasse tiefgekühlten Spinat, ich hasse den Eurovision Song Contest, ich hasse Zecken, ich hasse skrupellose Rechtsanwälte, schwüles Wetter und fast alle privaten Fernsehsender. Ich hasse alle Star Wars Filme bis auf die ersten drei, ich hasse Telefonwerbung, Massentierhaltung, die Haare auf meinem Rücken und jede Form von Gangster Rap.

So könnte ich eine ganze Weile weitermachen und sogar Dinge aufzählen, für die Hass möglicherweise ein etwas überdosiertes Gefühl ist. Was ich aber nie verstanden habe, ich schwöre es bei allem was mir teuer ist, ist der Hass auf andere Menschen, nur aufgrund ihrer Andersartigkeit. Wie kann man z.b. Menschen nur aufgrund ihrer Hautfarbe hassen? Es ist doch nur eine körperliche Eigenschaft von vielen, kaum jemand hasst doch wohl einen anderen wegen seiner Haarfarbe oder der Farbe seine Augen? Und wieso reicht oft nur die Herkunft eines Menschen aus um ihm glühenden Hass entgegen zu schleudern? Als ob es böse Orte auf dieser Welt gibt, die ausschließlich böse Menschen hervorbringen… Ich komme aus einem Kuhkaff im Landkreis Heilbronn und dort gibt es – wie vermutlich überall auch – die ganze Palette menschlicher Eigenschaften. Es gibt nette Menschen, unsympathische Menschen, liebenswerte Menschen, Freunde, Idioten, Kumpel, Trottel, Menschen in die ich mich verlieben könnte und Menschen die ich ums verrecken nicht ausstehen kann. Ihr mögt das vielleicht für selbstgefällig halten, aber diese ganzen Aufkleber habe ich nur aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen verteilt. Wenn mir jemand jahrelang blöd kommt, bekommt er von mir das Prädikat “Idiot” verliehen – wohl überlegt und wohlverdient…. nicht wegen eines beliebigen, ohnehin nicht beeinflussbaren Attributes wie Hautfarbe, Haarfarbe oder Herkunft.

Nichts gegen ein bisschen gepflegte Antipathie, doch die sollte sich ein jeder individuell verdienen. Dieses Gefühl kann man nicht pauschal mit der Gießkanne verteilen – Sippenhaft ist Schwachsinn. Natürlich darf ich einen schwarzen Menschen, einen blonden Menschen oder einen aus Afghanistan blöd finden, aber bitte nur weil er sich mir gegenüber wiederholt blöd verhalten hat, nicht weil er schwarz, blond oder Afghane ist. Es ist schon irre, dass man diese empirische Selbstverständlichkeit überhaupt aussprechen muss: Liebenswerte und weniger liebenswerte Menschen findet man gleichermaßen in allen Nationen, Kulturen, Pigmentierungen und sexuellen Orientierungen.

Warum Menschen andere Menschen aufgrund der letztgenannten Eigenschaften zu hassen in der Lage sind, ist für mich eines der größten Rätsel unserer Zivilisation. Wie kann man denn jemand anderen dafür hassen, weil er zu lieben in der Lage ist? Himmel Herrgott, Liebe, Zuneigung, Zärtlichkeit und Sexualität sind doch mitunter die schönsten Geschenke, die wir werksseitig mit auf den Weg bekommen haben. Es ist doch völlig egal, mit wem wir diese Geschenke teilen wollen, solange nur beide Seiten damit einverstanden und glücklich sind. Ich selbst habe gleichgeschlechtliche Liebe für mich nie in Erwägung gezogen, aber wer bin ich denn, dass ich mein Empfinden und meine Weltanschauung zum Maßstab für andere erheben könnte?

Ich habe mir nicht ausgesucht weiß, männlich, deutsch und heterosexuell zu sein, darauf habe ich keinen Einfluss – das sind die Karten, die mir das Universum vom Stapel zugeworfen hat. Ich habe aber sehr wohl Einfluss darauf, wie ich in dieser Welt auftrete, von ihr wahrgenommen werde und welchen Fußabdruck ich auf ihr hinterlasse. Es ist die Diversität die uns Menschen definiert und die uns zu dem gemacht hat, was wir heute sind. It’s not a bug, it’s a feature.

Ach ja, wenn es hilft um hierfür ein Zeichen zu setzen – ein Stadion bunt zu beleuchten, dann verdammte Axt, lasst das Ding wie einen Regenbogen erstrahlen. Die Liebe ist bunt und hell, der Hass nur grau und finster.

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1 Gedanke zu „Küsse unterm Regenbogen“

  1. Es ist aber auch eine Scheinheiligkeit in diesem im Süden liegenden Stadion das diese Aktion durchführen will und jetzt laut schreit.
    Wird in diesem Stadion nicht Woche für Woche für eine Großverantstaltung geworben im Nahen Osten wo Menschenrecht mit Füssen getreten werden und das Leben derjenigen nichts wert ist?
    Und wenn man genau hin schaut sitzt doch genau der größte Schreihals Woche für Woche in einer Lounge und lässt sich das auch noch bezahlen von den Scheichs dieser Welt.
    Diese Doppelmoral ist es doch die der eigentliche Skandal ist in dieser Welt.
    Der Verband hat Recht: Politik hat im Sport nichts zu suchen. Und da gehört auch diese Aktion, auch wenn sie noch soooo toll wäre, nicht hin!

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