In dieses Café wirst du dich verlieben

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Schönste Fernsicht inklusive – Ab Mai erhält Gochsheim endlich das Café, das es verdient

Hier fehlt etwas. Dieser Gedanke ist vermutlich jedem schon einmal durch den Kopf gegangen, der zu Fuß das historische Herz des Kraichtaler Stadtteils Gochsheim durchstreift hat. In dessen Mitte, erhaben thronend über allem, reckt das malerische Graf-Eberstein-Schloss seine Türmchen und Zinnen in den Kraichgauer Himmel. Hier gibt es alles was es für einen wunderbaren Ausflug braucht. Kleine Gassen, lauschige Winkel, alte Mauern und Gebäude, drei tolle Museen, den Sinnesgarten und all das in einem durch und durch liebevoll und bewusst ländlich gehaltenen Ambiente. Kein Hochglanz-Kitsch, sondern echtes Landleben mit Gänsen und Hühnern und tuckernden Traktoren. Hier kann man unter grünen Efeuranken Platz nehmen, den Blick weit in die Ferne schweifen lassen und die ganz besondere Atmosphäre der Gochsheimer Altstadt genießen. Eine Sache aber fehlt: Die Möglichkeit einer Einkehr, eines guten Stück Kuchens, einer heißen Tasse Kaffee.

die Kulisse von Schloss Gochsheim, ganz rechts die Terrasse des Cafes hinter den Bäumen

Natürlich ist es nicht so, dass es in Gochsheim keine Gastronomie gäbe. Ganz im Gegenteil…mit der Stadtschenke und der Krone oder Dinos Pizzeria gibt es gleich mehrere Top-Adressen, doch ein süßes kleines Café oben im Schlossviertel wäre die ideale Ergänzung dazu. Dabei ist es ja nicht so, dass es nicht schon entsprechende Vorstöße in der Vergangenheit gegeben hätte.. Um 2014 hatte der örtliche Bäcker schon einmal das Schlosscafe, das sich im direkten Schulterschluss mit dem Schloss und der Grundschule gegenüber der Kirche findet, über mehrere Monate hinweg betrieben. Doch offenbar trug sich das Konzept wirtschaftlich nicht und auch alle weiteren Versuche einen Pächter oder eine Pächterin für das Objekt zu gewinnen, endeten in den letzten Jahren immer wieder mit Absagen.

eine geniale Aussicht von der Terrasse

Vermutlich muss man Gastronom, Unternehmer oder beides sein um das nachvollziehen zu können, für einen Laien erschließt sich diese Zurückhaltung nicht. Wer das Schloßcafé betritt, staunt zunächst einmal Bauklötze… Ein genialer und großer Gewölbekeller und als Highlight die imposante Terrasse mit einer gigantischen Fernsicht… hier muss sich doch etwas aufziehen lassen? Klar, gerade in einem solch alten Gemäuer gibt es schwierig umsetzbare Auflagen, die Heizkosten sind vermutlich nicht von schlechten Eltern, Barrierefreiheit und die schlechte Ausgangssituation nach der Pandemie für die Gastronomie spielen in jedem Fall mit hinein. Doch wer das Schloßcafé einmal gesehen hat, weiß genau dieses Filetstück darf nicht leer stehen.

Hintergrund und Bildmontage: Redaktion / Illustration von evanat via envato

Das findet auch die Stadt Kraichtal und hat sich nun ein Konzept überlegt, dass man als echte Win-Win-Situation bezeichnen kann. Wenn sich schon kein Gastronom findet, der diese Perle zu neuem Leben erwecken möchte, dann stemmt die Kraichtaler Bürgerschaft diese Aufgabe eben gemeinsam. Das Ganze funktioniert so: Ab Mai übernehmen die Kraichtaler Vereine abwechselnd die Bewirtschaftung des Cafés in Gochsheim. Jeden Sonntag ist ein anderer Verein an der Reihe und bietet hier Kaffee, Kuchen und andere Kleinigkeiten an. Im Grunde alles außer warmer Küche und Alkohol, für letzteres wäre eine Konzession notwendig, die das Projekt wieder unnötig verkomplizieren würde. Kein Sonntag wird also wie der andere sein, jeder Verein wird dem Café am Wochenende seinen eigenen Stempel aufdrücken und damit für mehr Individualität sorgen, als es ein regulärer Pächter je könnte. Ein Stück Linzer Torte, ein Latte Macchiato und dazu ein Platzkonzert. Warum nicht?! Alles was die Vereine dabei verdienen, wandert in deren Kasse, eine Abgabe an die Stadt, Gebühren oder ähnliches wird es nicht geben.

ein großer Gewölbekeller ist das Herzstück das Schlosscafes

Die Stadt wiederum stellt die Räumlichkeiten, Strom, Wasser und Co. kostenfrei zur Verfügung und sorgt im Vorfeld für die Instandsetzung des Cafés sowie dessen Möblierung und Ausstattung. Letzteres wird sogar über das Regionalbudget des LEADER-Programms gefördert, die Zuschüsse liegen bei spendablen 80 %. Die Vereine erhalten so eine ganz konkrete und handfeste Förderung, die Stadt erhält ein tolles Café und damit eine Aufwertung für die eigenen Bürgerinnen und Bürger, aber auch für auswärtige Besucher und Touristen. Eine echte Win-Win-Situation, da gibt es nichts zu meckern. Abgesprochen ist das Konzept, das verwaltungstechnisch gesehen jeden Sonntag eine Art Mini-Volksfest in Gochsheim zur Grundlage hat, auch mit dem Landratsamt Karlsruhe. Durch diesen Trick sind die Auflagen nicht ganz so intensiv wie bei einer Vollzeit-Gastronomie und die Ehrenamtlichen können frei atmen und sich auf das Wesentliche konzentrieren.

Genießen auf den massiven Mauern Gochsheims – ab Mai ist das möglich

20 Vereine haben bereits für dieses Projekt grünes Licht gegeben, sie alle wollen mit dabei sein und ab Mai jeden Sonntag für ein tolles Café-Erlebnis in Gochsheim sorgen. Wanderer, Radfahrer, Schlossbesucher, Seniorengruppen, Familien und natürlich alle EinwohnerInnen Kraichtal haben dann in Gochsheim endlich die Anlaufstelle, die dem pittoresken Stadtteil seit Jahren fehlt. Damit das Konzept funktioniert, braucht es natürlich Gäste und das möglichst jeden Sonntag in der Saison. Erzählen Sie es also gerne weiter, lassen Sie die Neuigkeit die große Runde machen: In Gochsheim gibt es wieder einen Café und jeder ist herzlich eingeladen.

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7 Gedanken zu „In dieses Café wirst du dich verlieben“

  1. aha…die Kosten trägt also die Stadt, sprich die Allgemeinheit sprich die BürgerInnen…
    Was braucht diese Freizeitgesellschaft denn noch alles?

    • Ein Kommentar der für alles steht, was in unserer Stadt immer noch falsch läuft: Feige und Anonym, destruktiv, kurzsichtig… Die Kosten, die der Stadt entstehen, sind gut investiertes Geld, das sich um ein Vielfaches auszahlen dürfte. Was sind ein paar Kröten für etwas Strom oder Wasser, wenn es darum geht den arg gebeutelten Vereinen nach fast 3 Jahren Pandemie unter die Arme zu greifen oder mehr Touristen in die Stadt zu locken, die wiederum Geld in die städtischen Kassen spülen… Aber sie haben nur Abwertung, Hohn, haltlose Unterstellungen und Zynismus im Köcher… das ist einfach nur traurig.

      • „Abwertung, haltlose Unterstellungen und Zynismus“…
        Kann ich beim besten Willen in der Kürze des Textes nicht erkennen.
        Traurig ist vielmehr, dass die Dörfer in Kraichtal zunehmend zur Naherholungsbespaßung verkommen.
        Ich weiß, von was ich rede, wir haben erst wieder ein zwangsmotorisiertes Wochenende hinter uns. Es brummt und dröhnt nur noch…zum Radfahren oder Wandern ist man/frau zu faul. Unter der Woche erledigen diesen Job dann Gewerbetreibende.
        Und diese Mähr vom „Geldspülen in die städtischen Kassen“…hat doch noch nie funktioniert.
        Die dörflichen Strukturen sind kaputt oder werden kaputt gemacht. Gebäude und Landschaft dienen als ländliche Kulisse für rücksichtslose Spaßfanatiker.
        Und anstatt mal davon zu lernen, welche Erfahrungen woanders gemacht worden sind, kocht man/frau alle paar Jahre ein neues Süppchen…

  2. Tolle Idee. Gut wäre, wenn man sich vorab informieren könnte, ob dieses Angebot an bestimmten Wochenenden beseht – also z. B in Form eines Kalenders.

    • Lieber Herr Hitzler,
      das Schloss-Café wird ab Mitte Mai bis Ende November an Sonntag-Nachmittagen geöffnet sein. Im August wird es eine zweiwöchige Ferienpause geben. Die Öffnungszeiten sind denen der Gochsheimer Museen angepasst. So können Gäste Kultur und Kuchen genießen. Die bewirtenden Kraichtaler Vereine und Ehrenamtliche freuen sich auf Ihren Besuch im Schloss-Café!

  3. Eigentlich ein schönes Cafe, leider nicht ansatzweise Barrierefrei. Bei manchen Treppen hätte man es einrichten können.

  4. Lieber Rudi,
    damit auch mobilitätseingeschränkte Besucher Kaffee und Kuchen genießen können, wird es im (ebenerdigen) Foyer einen Tisch geben für Gäste, die die Treppen des historischen Gemäuers nicht begehen können. Auch die WCs sind auf dieser Ebene erreichbar.

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