“Ich liebe es Dinge wachsen zu sehen”

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Die nächste Generation Kraichgauer Junglandwirte steht längst in den Startlöchern

Von Kindesbeinen an arbeitete Anna auf dem Hof ihrer Familie, den sie bald in vierter Generation fortführen wird

Ihr Uropa verspürte sie, ihr Opa und ihr Papa auch: Die Liebe zum Land, zur Erde und ihren Früchten. Wenn Anna oben auf der Kanzel des grünen Traktors sitzt und über die Felder tuckert, tut sie dies im Bewusstsein, dass bereits drei Generationen Ihrer Familie dieses Land bestellt haben. Dass auch sie Landwirtin werden will, daran bestand für die 18-Jährige kein Zweifel. Von Kindesbeinen an hat sie den Rhythmus des Landlebens in sich aufgenommen, den Wechsel der Jahreszeiten und die Erfordernisse, die diese mit sich bringen. Sie weiß wie die Saat auszubringen, ein Feld zu bestellen und welch knochenharte Arbeit die Ernte ist. Sie beherrscht die Arbeit mit den großen Maschinen, das Rangieren mit Traktoren samt Anhängern und scheut nicht davor sich die Hände schmutzig zu machen.

Wer sie sieht, kann sich dies gar nicht so recht vorstellen. Anna ist eher von zierlicher Natur, das junge Gesicht irgendwo im Wandel zwischen Mädchen und Frau inbegriffen. Sie ist es gewohnt unterschätzt zu werden, doch wenn es darauf ankommt, steht sie ihren “Mann” oft besser als so mancher “echte Mann”. Wo andere Mädchen ihres Alters noch oft mit jugendlichen Traumtänzereien beschäftigt sind, weiß sie schon ganz genau, wo der Weg hingehen soll. Sie will den elterlichen Hof übernehmen und ihn eines Tages so bewirtschaften, wie sie es für richtig erachtet. Orientieren will sie sich dabei ganz bodenständig an den Erfordernissen der Zeit, keinen kurzlebigen, exotischen Trends folgen, sondern darauf setzen was der Markt verlangt und der Boden zu geben in der Lage ist. Es ist genau der Spagat, den alle künftigen Landwirte bewältigen müssen: Ökologie und Ökonomie unter einen Hut zu bekommen.

Um später einmal erfolgreich wirtschaften zu können, will Anna sich nicht nur auf das Prinzip “learning-by-doing” verlassen, sondern ihren Beruf in allen Facetten erlernen und begreifen. Nach ihrem Abschluss am agrarwissenschaftlichen Gymnasium in Ettlingen will sie in Hohenheim Agrarwirtschaft studieren um später ihren Betrieb nach aktuellen Maßstäben und Erkenntnissen in Sachen Technik und Ökologie führen zu können. Reichlich viel Pragmatismus für eine 18-Jährige möchte man meinen, doch Anna wirkt für ihr Alter tatsächlich schon recht gesetzt und geordnet. Sie weiß genau, dass mit Landwirtschaft keine Reichtümer zu erzielen sind, wie risikoreich und herausfordernd Wetter und Klima sein können, wie etwas Hagel oder eine Frostnacht eine ganze Ernte zunichte machen können. “Man muss flexibel sein, man muss improvisieren können” sagt Anna, die schon mehrere bedrohliche Szenarien auf dem elterlichen Hof durchlebt hat, bis hin zu einem großen Flächenbrand auf den Feldern, der beinahe Haus und Hof verschlungen hätte.

Privat ist Anna seit einiger Zeit mit einem anderen, angehenden Junglandwirt aus Zeutern zusammen. Beide denken schon darüber nach, später einmal die Betriebe zusammenzulegen, mehr Stärke aus der Gemeinsamkeit zu ziehen. Überhaupt findet es Anna schade, dass viele kleinere Kraichgauer Landwirte immer noch zu sehr als Einzelkämpfer agieren, statt hier und da über den eigenen Schatten zu springen und zusammenzuarbeiten. Vielleicht werden sie das ja hinbekommen, die neuen, jungen Landwirte im Kraichgau, denn die Aufgaben die auf sie zukommen sind nicht zu unterschätzen. Das Höfesterben, der Strukturwandel in der Landwirtschaft, die gewaltigen Herausforderungen des Klimawandels und dessen Erfordernisse an die Arbeit künftiger Landwirte – an Herausforderungen mangelt es nicht.

Anna aber wird ihren Weg gehen, hier darf man sich schon heute ganz sicher sein. Sie liebt ihren Beruf, liebt es Dinge wachsen zu sehen, freut sich immer besonders über jenen Moment, wenn ein junger Setzling das grüne Köpfchen durch die Erde ins Licht hebt. Beste Voraussetzungen also, denn niemand hat das Konzept des Lebens, den ewigen Kreislauf aus Geburt, Blüte und Verfall besser verinnerlicht als ein leidenschaftlicher Landwirt. Oder eben eine Landwirtin.

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