Nach 40 Jahren in der Kommunalpolitik hat Odenheims Ortsvorsteher Gerd Rinck sein letztes Fass angeschlagen.
Er holt aus, schlägt und trifft – was auch sonst nach unzähligen Fassanstichen, die Odenheims Ortsvorsteher Gerd Rinck in den letzten Jahrzehnten bereits hinter sich gebracht hat. Das Bier schießt in die Gläser, die Kapelle spielt einen Tusch, ganz Odenheim applaudiert. Glitzernd kondensiert die heiße Luft dieses Augustabends an den Gläsern, und man könnte schwören, dass auch in Gerds Augenwinkel ein paar Tropfen funkeln. „Ich bin mit mir im Reinen, ich hab meinen Frieden gemacht“, sagt er, als wir uns hinter dem Festzelt – nur eines von vielen, das die OKGler anlässlich des traditionellen Burgfests aufgebaut haben – ein bisschen unterhalten. 40 Jahre ist Gerd in der Kommunalpolitik, seit 20 Jahren Ortsvorsteher in seiner Heimat Odenheim. In diesem Jahr sind es für ihn gleich mehrere runde Jubiläen, die aber auch das Ende einer Ära für Gerd einleiten. 65 Jahre ist er im Mai alt geworden, Anfang August nach Jahrzehnten als Lehrer an der Berufsschule in den Ruhestand übergewechselt, und im Herbst legt Gerd schließlich noch sein Amt als Ortsvorsteher nieder. Ein Generationenwechsel sei nun wichtig, ist er sich sicher.
Viel hat er angepackt und vorangetrieben in den letzten 20 Jahren, an Arbeit gemangelt hat es am Katzbach nie. „Ein guter, engagierter Freund“, sagt auch der Landtagsabgeordnete Uli Hockenberger, der eigens zum Fach Anstich an diesem Tag nach Odenheim gekommen war. Dennoch sind nicht alle Projekte so weit, wie Gerd sich das zu seinem Abschied gewünscht hätte. Das Thema Hochwasserschutz beispielsweise, das ihn vom ersten Tag als Ortsvorsteher bis heute begleitet hat, ist immer noch nicht so weit, wie es eigentlich sein sollte. Das müssen jetzt andere nach ihm abschließen, doch wer das sein könnte, steht derzeit noch in den Sternen. Er führe bereits jetzt Gespräche und sei sich sicher, dass die Nachfolge in Odenheim gut geregelt werden wird, versichert mir Gerd Rinck. Es dürfe auf gar keinen Fall das geschehen, was gerade in Untergrombach geschieht, mahnt er mit erhobenem Zeigefinger. Was er meint, ist die derzeitige Hängepartie am Michaelsberg: Der Bruchsaler Ortsteil hat derzeit keinen amtierenden Ortsvorsteher. Die verfügbare Kandidatin wurde abgelehnt, eine Alternative allerdings ebenfalls noch nicht gefunden. Dass es in Odenheim anders laufen wird, darauf will Gerd in seinen verbleibenden Wochen hinarbeiten. Doch auch wenn er mit sich im Reinen ist, wird sein letzter Gang im September ein schwerer für ihn, kein Wunder nach einer solch langen Zeit im Amt. „Ich bin in einer emotionalen Achterbahn. Ich verspüre viel Wehmut, weil mein Herz immer noch in Odenheim hängt, und das wird auch immer so bleiben.“
Auch wenn der Östringer Stadtteil Odenheim nur ein paar tausend Einwohner zählt, gibt es hier immer offene Baustellen und immer etwas zu tun – das geht nur mit Leidenschaft, Engagement und Hingabe. Zum Glück hat Odenheim bislang reichlich davon, gerade die vielen Ortsvereine leisten unglaubliche Arbeit. So haben sie beispielsweise gerade unter der Regie von Robert Laub, Vorsitzender des AOV, das Odenheimer Wohnzimmer, die Mehrzweckhalle, mit viel Geld und noch mehr persönlichem Einsatz rundum saniert. Doch nach Gerd Rinck wird im kommenden Jahr auch Robert Laub mit seinen 70 Jahren verdient in den Ruhestand gehen, dann kommt es ganz auf die jungen Generationen an, die großen Fußstapfen der Veteranen auszufüllen. Man kann nur hoffen, dass sie das schaffen, denn das von den Vereinen vorangetriebene rege Kulturleben am Katzbach ist eine absolute Ausnahmeerscheinung im Kraichgau. Kaum eine andere Gemeinde stemmt derart viel und häufig. Da schluckt man schon, wenn eine traditionsreiche Veranstaltung wie das Schwimmbadfest ausfällt, weil sich zu wenig Helfer gefunden haben. Man hofft, dass dies nicht der Beginn einer langsamen Erosion im legendären Odenheimer Engagement sein möge. Doch noch steht Odenheim zusammen, das hat sich auch am Wochenende wieder mit dem Burgfest gezeigt. Das ganze Dorf ist auf den Beinen, dazwischen wuseln die emsigen, unzähligen Helfer der OKG und befreundeten Vereinen. Alle packen zusammen an, damit das Fest gelingt. Feuerwehr, DRK, Musikvereine – alle sind am Start und leisten ihren Beitrag. Das ist einfach beeindruckend.
Benannt wurde das Burgfest übrigens nach der Burg zu Odenheim – keine wirkliche Burg, aber ein liebevoller Kosename für das alte Amtshaus, das in nicht allzu ferner Zukunft seinen 500. Geburtstag feiern wird. Seit fast einem halben Jahrhundert steht es nun bereits im Herzen Odenheims und hat dessen bewegte Geschichte hautnah miterlebt. Nach seiner Erbauung war das Haus zunächst im Besitz des Ritterstifts Odenheim und beherbergte dessen Verwaltung. Nachdem durch Napoleon Baden zum Großherzogtum wurde, fiel die Verwaltung an das Oberamt in Bruchsal, und das Odenheimer Amtshaus verlor seine Funktion. Zwischen 1829 und 1882 diente es dann zuerst als Schulgebäude, etwas später als Lehrerwohnung. Um 1894 wurde das hintere Gebäude des Amtshauses zum ersten Kindergarten in Odenheim umfunktioniert, welcher bis heute noch den damaligen Namen „St. Josef“ trägt. Danach folgten mehrere Nutzungen, z. B. als Wohnungen oder als Asylbewerberheim. Mehrere Pläne für eine moderne Neuausrichtung scheiterten aber aus Geldmangel. Zwischenzeitlich wurden hier in einem aufwändigen Sanierungsverfahren mehrere Wohnungen eingerichtet. „Nicht das, was man sich in Odenheim gewünscht hat, aber alles andere wäre unrealistisch gewesen“, erzählt Gerd Rinck, der nach seinen 40 Jahren in der Politik genau weiß, dass manchmal auch Kompromisse geschlossen und hin und wieder saure Kröten geschluckt werden müssen.
Allzu viel Saures gibt es aber Gott sei Dank an diesem Wochenende nicht für Gerd auf den Teller, allenfalls das Sauerkraut zum Kesselfleisch, wenn die OKG am heutigen Montag ihr Burgfest weiter feiert. Wenn Sie noch nicht dabei gewesen sind, holen Sie das unbedingt nach, allmählich tut es sich nämlich auch im regen Odenheim auf – das alljährlich bräsig-gemütliche Sommerloch.