Ganz großes Theater

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Eigentlich wird der “Herr der Diebe” im Bruchsaler Exil Theater ausschließlich von Laien gespielt, doch davon merkt das Publikum absolut gar nichts.

“Wow, einfach Wow”. Zugegeben, kein sehr eloquenter Einstieg in eine Theaterkritik, doch erfahrene Theaterkritiker finden sich in den Reihen unserer Redaktion bedauerlicherweise keine. So werden sie mit dieser laienhaften Rezension vorlieb nehmen müssen, doch seien Sie versichert: Es ist das einzig Laienhafte an diesem Artikel. Denn obwohl die jugendlichen Darstellerinnen und Darsteller der neuesten Produktion des Bruchsaler Exil Theaters “Herr der Diebe” fast allesamt unerfahrene Laiendarsteller sind, nimmt das Publikum diesen Umstand bis zum letzten Vorhang nicht wahr.

Mit Leidenschaft, Hingabe und bedingungsloser Identifikation mit dem Stück und seinen Figuren, liefert die bunt zusammengewürfelte Truppe nach allen Regeln der Kunst ab. Mimik, Gestik, Körpereinsatz… man spürt greifbar und in geradezu physischer Präsenz die Liebe der jungen DarstellerInnen zu ihrem Spiel. Das Verstockte, das Verschreckte und Schüchterne, das normalerweise mit den ersten Bühnenerfahrungen einhergeht, fehlt hier gleich zu Beginn in Gänze. Wie Regisseur Bernhard Wendel es geschafft hat, aus einer Gruppe sich vorher gegenseitig völlig Fremder, ein schlagkräftiges Ensemble zu formen, bleibt sein Geheimnis – leicht war es aber sicher nicht. “Es war manchmal wie einen Sack voller Flöhe zu hüten” lacht der erfahrene Theater-Profi bei seiner kurzen Begrüßung, die er sich trotz seines Geburtstages am selben Tag selbstredend nicht nehmen ließ.

Mit dem Resultat scheint Bernhard Wendel aber durchweg zufrieden zu sein. Im Halbdunkeln steht der Regisseur während der Darbietung neben der Bühne und lächelt zufrieden, als er dem Spiel seiner bunten Truppe zusieht. Wie bei jedem Theaterstück ist es das Gesamtpaket, das am Ende stimmen muss. In diesem Fall gibt es nichts, aber gar nichts auszusetzen. Ein beeindruckendes Bühnenbild, aufwändig gestaltete Masken, die passende Beleuchtung und der darauf abgestimmtes Soundtrack. All das haben die 100-prozentigen Theater-Neulinge komplett in Eigenregie erarbeitet und umgesetzt. Die Produktion ist die Frucht einer Kooperation zwischen Exil Theater und der Stiftung der Volksbank Bruchsal-Bretten. Im Mittelpunkt steht die Förderung von mitunter verborgenen Talenten und die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit – an beide Punkte dürften die Initiatoren nach dieser Premiere einen fetten Haken setzen.

Das Publikum zeigte sich von der ganz individuellen Interpretation des Coming-of-Age-Romans von Cornelia Funke jedenfalls restlos begeistert. Wie die knapp 20 Schauspielerinnen und Schauspieler die Begebenheiten rund um die verschworene Kinderbande in Venedig zum Besten geben, muss man einfach selbst erlebt haben. Drei Gelegenheiten dafür gibt es noch. Am Donnerstag den 02.06., am Freitag den 03.06. und am Samstag den 04.06. Alle Infos dazu auf den Seiten des Exil Theaters.

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