Der alte Ochse war schon Kino, Manufaktur, Sporthalle und Wirtshaus, aber vor allem rund drei Jahrhunderte lang ein Stück echte Zaisenhäuser Dorfgeschichte
Er ist immer noch imposant, der alte Saal im hinteren Teil des einstigen Gasthauses “Zum Ochsen“. Schon vor über 10 Jahren gingen in der Traditionswirtschaft mitten in Zaisenhausen die Lichter aus, seither zieht der Wind durch das historische Gebäude. Seine beiden Besitzer, Thorsten aus Flehingen und Aytullah aus Bauerbach, nutzen die alte Wirtschaft als Lager für ihren Gipser- und Gerüstbauer-Betrieb. Vor vielen Jahren haben sie das Gebäude von einem befreundeten Gastwirt gekauft, überlegen nun, wie es damit weitergehen könnte. Neuer Wohnraum könnte hier eventuell entstehen, eine neue Nutzung als Wirtschaft sehen die beiden eher skeptisch, schließlich haben nicht ohne Grund in den letzten Jahrzehnten unendlich viele Dorfwirtschaften ihre Tore geschlossen.
Fest steht, der alte Ochse könnte viele, viele Geschichten erzählen. Schließlich ist er bereits seit über 300 Jahren ein Teil des Dorfes Zaisenhausen, hat in diesen Jahrhunderten vieles gesehen, gehört und erlebt. Bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts soll der erste Inhaber hier hungrige und noch durstigere Gäste bewirtet haben, Aufzeichnungen der Gemeinde Zaisenhausen nach, war dies der Wirt Martin Schertlin anno 1708.
Doch der Ochse war über all die Zeit noch viel mehr, als nur eine Gaststätte. Die Firma Hohner produzierte hier zeitweilig ihre Harmonikas, nach dem Zweiten Weltkrieg wurden im Saal Körbe und Strohschuhe hergestellt. Sportvereine nutzten den groß dimensionierten Raum für ihre Leibesertüchtigungen und der Filmbetrieb Kino-Maier aus Sulzfeld, zeigte hier eine zeitlang aktuelle Kinofilme auf der großen Leinwand.
Dazwischen war der Ochse aber immer das, was er bis zu seinem Ende auch blieb – eine Gastwirtschaft. Eine Zeit lang wurde durch den Wirt noch selbst geschlachtet Fleisch und Wurst in der kleinen Metzgerei im Hinterzimmer verkauft – eine Tradition die von Ende der 30er bis in die 60er Jahre bewahrt wurde. Dementsprechend herzhaft und bodenständig war natürlich auch die Küche, die nicht nur Gäste aus Zaisenhausen, sondern auch aus dem Umland anzog. Große gesellschaftliche Ereignisse wurden im Saal des Ochsen abgehalten – Taufen, Vereinsfeiern, Hochzeiten, Geburtstage, Fastnachtsfeiern, Tanztees und sicher auch die eine oder andere Beerdigung. Sogar Theaterstücke wurden hier uraufgeführt, einstudiert und zum Leben erweckt vom Gesangverein Liederkranz.
2013 wurde im Ochsen das letzte Bier gezapft, das letzte Glas Wein ausgeschenkt. Seither wartet das alte Gemäuer auf einen neuen Morgen. Wann dieser kommen wird und wie er aussehen könnte, das steht derzeit noch nicht fest. Sicher ist aber – alles, aber auch alles hat irgendwann einmal ein Ende. Der alte Ochsen in jedem Fall wird in der Erinnerung immer ein Teil Zaisenhausen bleiben.