Die Bahnbrücken-Verschwörung

| ,

Aprilscherz 2023

Lange Jahre waren es nur Gerüchte, doch nun konnte ein Rechercheteam investigativer Lokaljournalisten erstmalig den Beweis erbringen: Den angeblichen Kraichtaler Stadtteil Bahnbrücken gibt es gar nicht

Exklusiv enthüllt – “​​The Railwaybridges-Files” schockieren den Kraichgau

von Stephan Gilliar, Philipp Martin, Thomas Gerstner und Laura Stark

Wer etwas über eine Gemeinde erfahren möchte, der tut gut daran, sich in einer ihrer Gaststätten niederzulassen und den Gesprächen der Einheimischen zu lauschen. Auch in den Wirtschaften Kraichtals wird hier über Tagtägliches, Nöte und Sorgen, Sinnhaftes und weniger Sinnhaftes diskutiert. Es geht um den Verkehrslärm in Unteröwisheim und Münzesheim, um das Schloss in Gochsheim, Fußball in Landshausen, den neuen Supermarkt in Menzingen oder das Neubaugebiet in Neuenbürg. Auffällig aber – niemals jedoch geht es in diesen Gesprächen um den kleinen Ortsteil Bahnbrücken. Niemand weiß von hier etwas Neues zu berichten, niemand kennt Klatsch und Tratsch oder auch nur etwas Hörensagen aus zweiter oder dritter Hand. Fragt man nach Bahnbrücken, erntet man nur ratlose Blicke und kollektives Schulterzucken.

Wie kann das aber sein, wie ist das möglich? Ein Dorf mitten im Kraichgau, aus dem keinerlei Neuigkeiten nach außen dringen? Das hat die investigativen Journalisten aus der Hügelhelden-Redaktion aufmerksam werden lassen. In aufwendigen und zeitintensiven Recherchen wollten wir diesem augenscheinlich weißen Flecken im Herzen Kraichtals zu Leibe rücken und haben dabei Erstaunliches und Erschreckendes zu Tage gefördert.

Um jedwede Spekulation im Vorfeld zu vermeiden, wollten wir uns zuerst vor Ort in Bahnbrücken umsehen. Kein leichtes Unterfangen, denn niemand in Kraichtal konnte uns den Weg dorthin erklären. Bei näherer Nachfrage stellte sich schließlich heraus, dass zwar jeder schon einmal von Bahnbrücken gehört habe, selbst aber noch nie dort gewesen sei. Auch am Informationsschalter der Tourist-Info – Fehlanzeige. Noch bevor wir unsere Frage überhaupt zu Ende bringen können, wird die Jalousie heruntergefahren und das “Dieser Schalter ist vorübergehend geschlossen” – Schild ins Fenster gestellt.

Über im Netz gefundene GPS-Daten versuchen wir, zu Fuß den vermeintlichen Standort Bahnbrückens zu erreichen. Alten Karte nach sollte sich der Ort irgendwo im Wald zwischen Menzingen und Zaisenhausen verbergen. Nachdem wir uns stundenlang, mühsam mit Macheten durch das Unterholz gekämpft haben, öffnet sich vor uns die Ebene, in der Bahnbrücken angeblich liegen soll. Zu unserem Erstaunen blicken wir aber nur über das vertraute Grün der typischen Kraichgauer Hügel, unberührtes Land bis zum Horizont. Ansonsten…nichts. Nach intensiver Rundumsicht mit dem Feldstecher entdecken wir dann doch, versteckt hinter einer Hügelkette, eine Art Struktur. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichen wir die Stelle und staunen nicht schlecht. Hinter Absperrungen und einem abweisenden Ortsschild, baumelt eine große Fototapete im Wind, die die Silhouette eines kleinen Dorfes vorgaukeln soll. Wir ignorieren die Warnung, übersteigen die Absperrung und schauen hinter den an Stahlseilen aufgespannten, großformatigen Druck. Nichts, da ist absolut nichts.
Nun hatten wir Feuer gefangen und setzten unsere Recherche unter Hochdruck fort. Ein Aufruf der offiziellen Webseite der Stadt Kraichtal verschaffte uns einen Überblick über alle neun vermeintlichen Stadtteile. Nach intensiver Betrachtung der Unterseite für Bahnbrücken kommt uns schließlich ein grausiger Verdacht. Wir initialisieren für das dort gezeigte Bild Bahnbrückens eine Online-Rückwärtssuche und tatsächlich… Das auf der Webseite der Stadt veröffentlichte Foto zeigt nicht Bahnbrücken, sondern die Skyline von London – aufgenommen vom südlichen Ufer der Themse. Zugegeben, eine schwer zu durchschauende Täuschung, doch uns ist es letztlich gelungen.

Screenshot mit falschem Ortsbild

Nun stellt sich die Frage nach einem möglichen Motiv. Wir haken bei unseren Kontakten im Gemeinderat und der Stadtverwaltung nach, stoßen aber nur auf eine Mauer des Schweigens. Niemand zeigt sich bereit, auf unsere Recherchen zu reagieren, alle diesbezüglichen Anfragen verlaufen im Sand. Als wir gerade schon im Begriff sind, diese Fallakte ergebnislos zu schließen, meldet sich schließlich ein Informant. Die Quelle, die anonym bleiben möchte, nur unter dem Kontaktnamen Ulli H. via Krypto-Messenger mit uns kommuniziert, hat nach eigener Angabe offenbar früher als Führungskraft in der Stadtverwaltung gearbeitet und ist bereit, uns umfassend Auskunft zu geben.

Diese Gespräche, die schon jetzt unter dem Decknamen “​​The Railwaybridges-Files” geschichtsträchtig sind, offenbaren dabei eine Verschwörung bis dahin ungeahnten Ausmaßes. Tatsächlich gab es einmal ein Dorf namens Bahnbrücken, in dem ein wilder Kraichgau-Stamm sein Unwesen trieb. Nach diversen Querelen und Auseinandersetzungen mit den damaligen Obrigkeiten, beschloss man daher das Dorf in einer Nacht- und Nebelaktion in eine unbewohnte Region am Alpenrand umzusiedeln. In der Tat stoßen wir nach einer entsprechenden Anfrage bei den Schweizer Behörden auf eine dort vor einigen Jahrzehnten unvermittelt aufgetauchte Siedlung namens Bahnbrückli. Bislang hätte man aber keine Rückschlüsse auf die Herkunft der Menschen im Dorf gewinnen können, da die Sprachbarriere bislang unüberwindbar schien. “Immer wenn wir entsprechende Nachfragen stellten, kam als Antwort nur irgendetwas, das wie >ihr kreizdämliche Schwaizer Labbeduddl< klang” antwortet uns Kantonssprecher Uri Böcksprüngli auf unsere Presseanfrage hin.

Das versetzte, heutige Bahnbrückli in der Schweiz

Offenbar habe Kraichtal die Umsiedlung Bahnbrückens jedoch niemals offiziell beim Regierungspräsidium angezeigt, führt unsere Quelle näher aus, und das widerum aus gutem Grund. “Bahnbrücken bleibt offiziell in den Büchern bestehen, da so höhere Ausgaben im Stadthaushalt einfach und unverdächtig abgeschrieben werden können“, erklärt der anonyme Tippgeber die Masche. Zum Beweis übermittelt er uns die Kopie einer der letzten Haushaltserklärungen der Stadt, auf der in der Tat hohe Ausgaben für Kraichtaler Großprojekte vermerkt sind. Auch wir hatten erst kürzlich über den aktuellen Haushalt der Stadt berichtet, doch diese Posten waren uns bislang nicht verdächtig ins Auge gefallen. Sollte es am Ende denn überhaupt keinen internationalen Großflughafen, keine Universität und kein Opernhaus in Bahnbrücken geben, welche diese hohen Zahlen rechtfertigen würden? Erst jetzt wird uns allmählich die Dimension dieser Verschwörung bewusst.

Abrechnung mit verdächtigen Positionen

Doch wir haken weiter nach, wollen wissen, wieso noch vor wenigen Jahren das 800-jährige Jubiläum Bahnbrückens medienwirksam im Netz und im Fernsehen zu bestaunen war? “Alles Fake” entgegnet unsere Quelle und führt aus “Achten Sie mal bei dem einstündigen Umzug genau auf die Gesichter und Sie werden feststellen dass es immer die gleichen drei Leute sind die mit dem Traktor um den Block fahren, sich hinter dem Haus umziehen und wieder winkend an der Vorderseite auftauchen…”.

Ein ungeheuerlicher Vorwurf, der aber nach unserer intensiven Bildanalyse bestätigt werden kann und dabei nur die Spitze eines ungeheuer großen Eisberges bildet. Denn wie sich herausstellt, nutzen auch andere Kommunen im Kraichgau diesen Trick, um die eigenen Bücher von unliebsamen Ausgaben reinzuwaschen. Oder waren sie tatsächlich schon einmal in diesem ominösen Zeutern, in Kleingartach, Dürrenbüchig, Helmsheim oder Eichelberg?

Die ganzen ungeheuerlichen Ausmaße dieser Verschwörung können Sie auf unserer eigens dafür eingerichteten Website “​​railwaybridges-files.com” einsehen. Aber seien Sie gewarnt, das ist nichts für schwache Gemüter.

Vorheriger Beitrag

Des Winters langer Atem

Der König steht

Nächster Beitrag

11 Gedanken zu „Die Bahnbrücken-Verschwörung“

  1. Der Reporter/Schreiber dieser Geschichte sollte sehr gut auf sich aufpassen, dass er nicht irgendwann von der ARD/ZDF entführt und für die Berichterstattung missbraucht wird 🤣🤣

  2. „Wir befinden uns im Jahre 2023 n. Ch. Ganz Kraichtal wird von Tobias regiert? Ganz Kraichtal? Nein! Ein von unbeugsamen Ureinwohnern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die Kraichtaler Verwaltung, die als Besatzung in den untergebenen Orten Minze, Una- & Owaroise, L.A. Owaagga, Gochze, Neiebierg und Menzinge regiert…“
    Spaß bei Seite: toller Beitrag.
    Grüße aus dem Unterholz
    Oi Naigschmegde

  3. Besonders bedenklich, dass Bahnbrücken und Bielefeld beide mit „B“ beginnen und beide nicht beweisbar existieren. Beiläufig bemerkt „Bruchsal“ – bitte, wer bekennt, dass er Bruchsal besucht??

Kommentare sind geschlossen.