Bruchsals Oberbürgermeisterin wird Grün

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Cornelia Petzold-Schick tritt ​​der Partei Bündnis 90/Die Grünen bei und wird damit zur ersten Grünen Oberbürgermeisterin im ansonsten noch recht schwarzen Landkreis Karlsruhe

Als Stadt- oder Gemeindeoberhaupt in der Politik kein Parteibuch zu besitzen, kann in zweierlei Hinsicht bewertet werden. Auf der Habenseite wäre die Unabhängigkeit und die weitestgehend frei gestaltbaren Handlungsspielräume ohne den Zwang, der sich – direkt oder indirekt – durch eine Parteizugehörigkeit ergibt. Dem entgegensetzen könnte man das Fehlen klarer, politischer Konturen, oder Defizite, was ein klares Bekenntnis für den Bürgerinnen und Bürgern bekannte Leitlinien und Parteiausrichtungen angeht.

In den Jahren der Kohl-Administration beispielsweise hatten in unserer Region sehr viele Bürgermeister das Parteibuch der CDU, die damaligen Wahlerfolge auf Bundesebene haben auch die Wahlkämpfe auf lokaler Ebene beeinflusst. Zwar ist ein Bürgermeister nicht dazu verpflichtet, in der örtlichen Verwaltung die Dogmen und Themen der eigenen Partei eins zu eins umzusetzen, jedoch verringern oder erhöhen sich dessen politische Chancen analog zu Erfolg oder Misserfolg seiner Partei auf Bundesebene. Steht also beispielsweise die SPD auf Bundesebene in den Umfragen schlecht da, kann sich das auch ohne weiteres auf den Wahlkampf eines als SPD-Mitglied kandidierenden Bürgermeisters auswirken. Man sieht – die Parteizugehörigkeit ist für ein Gemeindeoberhaupt ein zweischneidiges Schwert.

Obwohl sie jahrelang parteilos unterwegs war, hat sich Bruchsals Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick nun aber dazu entschlossen, mehr Flagge und mehr Profil zu zeigen. Die 59-Jährige Rathaus-Chefin wird in Kürze der Partei “Bündnis 90/Die Grünen” beitreten, tut dies nach eigenem Bekunden, um Stellung zu beziehen und Haltung zu zeigen. Die sei gerade in bewegten Zeiten wichtig, so Cornelia Petzold-Schick telefonisch gegenüber unserer Redaktion. Insbesondere die bundespolitisch großen Themen der Grünen lägen ihr am Herzen, darunter der Kampf gegen den Klimawandel und die Energiewende. Dafür möchte sie sich auch auf Kreis- und Landesebene stark machen und einsetzen.

Auf ihre Arbeit und ihre Agenda als Oberbürgermeisterin der Stadt Bruchsal soll der Parteieintritt keine Auswirkungen haben, betont Cornelia Petzold-Schick. “Ich arbeite so weiter wie bisher“, versichert die in Pforzheim gebürtige Politikerin, die 2009 im zweiten Wahlgang zur Oberbürgermeisterin der großen Kreisstadt Bruchsal gewählt wurde. 2017 wurde die studierte Juristen schließlich für eine zweite Amtszeit wiedergewählt.

Die Frage, ob sie als künftige Grüne nun ein höheres Amt anstrebt, ließ sie unserer Redaktion gegenüber offen. Die nächsten OB-Wahlen finden in Bruchsal in zwei Jahren statt, inwiefern sich die nun getroffene Entscheidung darauf auswirken wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Auch die Frage, ob sie in Bruchsal eine dritte Amtszeit anstrebt, ließ die Oberbürgermeisterin offen.


Eine Entscheidung, die Respekt verdient.

Ein Kommentar von Stephan Gilliar

Bundespolitisch haben die Grünen derzeit mit schlechten Umfragewerten zu kämpfen. Cornelia Petzold-Schick weiß das genau, insofern kann man ihr hier weder Klüngel noch Taktiererei vorwerfen. Ob ihre Beweggründe, das Bedürfnis, Position und Haltung zu beziehen, tatsächlich ursächlich für den Parteieintritt sind, lässt sich natürlich nicht beweisen, hier gilt es den Worten der Oberbürgermeisterin einfach Vertrauen zu schenken.

In jedem Fall ist es definitiv der richtige Zeitpunkt um politisch eine eindeutige Position zu beziehen, schließlich haben nicht nur die jüngsten Landtagswahlen in Bayern und Hessen gezeigt, wie sehr die Bundesrepublik bereits nach rechts gerückt ist. Parteilos heißt zwar nicht positionslos, doch da sich Cornelia Petzold-Schick mit den drängenden Umweltthemen unserer Zeit identifizieren kann, ist eine Parteimitgliedschaft bei den Grünen nur logisch und stringent.

Dafür gilt es ihr in jedem Fall Respekt zu zollen, ob man nun politisch mit ihr übereinstimmt oder nicht. Ob der eigene Vorsatz, parteipolitisches Handeln aus der kommunalen Politik herauszuhalten, am Ende wirklich gelingen mag, das wird jedoch die Zeit zeigen müssen. Nun darauf zu schauen, ob sie nun auch ja nichts „grünes“ unternimmt, wäre aber natürlich völliger Blödsinn. Der Klimawandel ist Realität, und keine reine Angelegenheit der Grünen. Er ist vielmehr eine echte Menschheitsaufgabe, die es zu lösen gilt und das über jede Parteigrenze hinweg.

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18 Gedanken zu „Bruchsals Oberbürgermeisterin wird Grün“

  1. Respekt! Tolle Aktion!
    Wobei die meisten wieder denken „die wollen mir mein Schnitzel und meinen SUV wegnehmen!“
    Nein Leute! Ihr solltet selbst drauf kommen, dass das nix fürs Klima ist.
    Auch keine Kreuzfahrten und Ferienflüge.

    Freunde, wir sind ziemlich gef*ckt was das Klima angeht. Hier im beschaulichen Südwesten sieht es noch einigermaßen gut aus, aber schaut bitte mal über Euren hohen Tellerrand hinaus. Es ist nicht sehr gut bestellt um das Klima. Und wir müssen ALLE etwas dafür tun. Nicht nur die Chinesen (wie viele denken)

  2. „Mehr Flagge und Profil zu zeigen…“
    Man kann in diesen Tagen wohl kaum mehr Profil zeigen, als sich den ganzen Altparteien NICHT gegenüber zugehörig zu sehen. Parteilos hatte schon jeher viel Gutes – vertrat man doch die SACHE und nicht einen assoziierten Personenkreis mit fragwürdigem Ruf. Schade, dass sich unsere Frau OB nun der gewalzten Parteistraße beugt, nichts was man dieser Frau mit Integrität bisher zugetraut hätte.

  3. Hut ab ! Bei dem Grünenbashing das gerade modern ist, gehört da schon eine Portion Rückrat dazu. Aber das hat sie ja. Und selbst wenn sie auf einen Ministerposten scharf ist, dann sei ihr der gegönnt. Dafür hat sie sicher genug geschuftet und ich bin mir auch sicher, dass sie keine Masken verkaufen wird. Frauenpower,- ich leg mich in die Hängematte…

  4. „Für die Bruchsaler ändert sich gar nix“ dürfte der Wahrheit entsprechen, Petzold-Schick hat nämlich schon immer Politik vor allem im Sinne der Grünen gemacht. Insofern ist der Schritt zu begrüßen, denn er schafft Transparenz. Sollte sie 2025 noch einmal antreten, weiß der Wähler, was er bekommt, und kann sich zudem Hoffnung auf einen überzeugenden Gegenkandidaten machen.

  5. Also Grün ist bekanntlich die Hoffnung.
    Allerdings nicht in der Politik.

    Dann bitte auch vom schweren Auto inkl. Fahrer (war vor kurzem als Stelle ausgeschrieben) aufs Fahrrad umsteigen.

    • Selbst? Lassen wir gerne mal das Auto stehen oder fahren wir jeden Meter aus Faulheit mit dem dicken SUV?
      Wechsel fängt bei einem selbst an!

  6. Damit passt sie perfekt in die Mitgliederstruktur der Grünen. In dieser Partei gibt es den höchsten Anteil an Beamten und Angestellten aus dem öffentlichen Dienst. Kein Wunder, wenn dann aus dieser „sicheren“ Position heraus eine Politik betrieben wird, die oft sehr wenig die Bedürfnisse und Sorgen der restlichen Bevölkerung berücksichtigt. Man kann z.B. leicht über Rente und Krankenversicherung herziehen, wenn man selbst nicht davon betroffen ist. Man kann leicht die Forderung nach höheren Umweltschutzauflagen stellen, wenn man sein Geld nicht in der freien Wirtschaft verdienen muss. Selbstverständlich gibt es auch Menschen (z.B. Boris Palmer) in diesen Reihen, die eine andere Meinung vertreten und wesentlich realistischer in ihren Annahmen sind, aber wie so oft bestätigt die Ausnahme die Regel.

  7. Jede demokratische Partei, der diese Frau beitritt, kann sich nur freuen. Hoffentlich bliebt sie Bruchsal noch lange erhalten.

  8. Wenn nicht in Brusl, wo dann?
    Alle anderen außen rum kochen doch seit Jahrzehnten ihre schwarze Supp, manchmal rot getarnt. Dass alles grad so weiter geht…
    Kann es aber nicht! Die Supp steht nämlich schon bis zum Hals, und kalt isse auch!

  9. Die „Grünen“ in Baden-Württemberg sind mehr oder weniger CDU-ler die ab-und-zu einen Baum pflanzen (siehe z.b. Anzahl Windräder in BW oder auch Politik vom MP).

    Hat Petzi eigentlich die Bahnstadt geplant/gegreenlighted ? Wie passen diese West-Plattenbauten genau in ein grünes Weltbild? Oder diese Straßendichte die an die Innenstadt von Tokyo erinnert?

    In diesem Alter noch, „überraschend“, in eine Partei einzutreten bzw. sich eine späte Färbung zu geben sollte als das erkannt werden was es wirklich ist: Eine PR-Aktion.

  10. Wie wärs mit einer Rickscha Frau Oberbürgermeisterin?Grosses Auto, Fahrer,sonderbarer Sinneswandel. Aber „Grün“ist ja bekanntlich die Hoffnung.Lass mich gerne noch mehr überraschen.

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