Auf der Suche nach einem Mörder

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Seit einer Woche ist der Schwerverbrecher Aleksandr Perepelenko auf der Flucht.

Wer kennt sie nicht – die schweren und markanten Mauern der Justizvollzugsanstalt Bruchsal, in der Stadt aufgrund ihres sternförmigen Grundriss, auch bekannt als Café Achteck. Hier verbüßen hunderte von Menschen ihre Haftstrafe, “sitzen” für kleine, aber auch für große Vergehen. Längst nicht jeder von ihnen wurde wegen eines Kapitalverbrechens verurteilt, unter den Gefangenen sind auch viele, die sich minder schwerer Verbrechen schuldig gemacht haben. Bruchsal ist, entgegen landläufiger Meinung, mitnichten eine Haftanstalt, in der sich ausschließlich Schwerverbrecher tummeln.

Zellentrakt in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal

Dennoch gibt es aber natürlich auch solche. Einer von ihnen ist der 43-jährige Aleksandr Perepelenko, der vor 11 Jahren vom Landgericht Karlsruhe wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. In Deutschland bedeutet dies eine Mindesthaftzeit von 15 Jahren, frühestens danach kann eine solche zur Bewährung ausgesetzt werden. Aleksandr Perepelenko ist davon also noch Jahre entfernt, sitzt seit seiner Inhaftierung in der JVA Bruchsal in geschlossenem Vollzug. Dennoch gelang ihm am Montag vor einer Woche die Flucht aus dem Gewahrsam der Vollzugsbeamten während eines Ausgangs bei einem Baggersee nahe Germersheim. Seither fahndet die Polizei mit einem Großaufgebot nach dem Flüchtigen, bis zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Artikels ohne Erfolge.

Die Besorgnis in der Bevölkerung ist seither groß, schließlich hat sich Aleksandr Perepelenko in der Vergangenheit schwerer Verbrechen schuldig gemacht, darunter laut Medienberichten Totschlag, Mord und Vergewaltigung. Die Suche nach ihm beschränkt sich dabei nicht auf die Region, das Land oder das Bundesgebiet, sondern auf die gesamte EU. Unmittelbar nach seinem Verschwinden am Montag um die Mittagszeit, wurden bereits Suchtrupps mit Hunden samt Luftunterstützung eingesetzt, um den Entflohenen dingfest zu machen.

Die große Frage, die sich viele Menschen derzeit stellen, lautet daher verständlicherweise: Wie konnte das passieren, wie konnte ein verurteilter Schwerverbrecher flüchten? Schnell wurden sofort nach Bekanntwerden der Flucht Vorwürfe an die JVA Bruchsal laut, in der Aleksandr Perepelenko seit seiner Verurteilung 2011 inhaftiert ist. Wichtig ist es dabei aber, sich die Hintergründe vor Augen zu führen. Ziel der sogenannten Ausführung von Aleksandr Perepelenko war ein Treffen mit seiner Ehefrau und den beiden minderjährigen Kindern. In den vergangenen vier Jahren gab es bereits mehrere dieser Ausführungen, die bislang alle ohne Zwischenfälle verlaufen waren, das bestätigte der Anstaltsleiter Thomas Weber dem SWR. Demnach seien diese Ausführungen Teil der Resozialisierung gewesen, auf die der Verurteilte einen Anspruch habe, und deren Notwendigkeit sich zudem aus dem Grundgesetz ergebe.

Anstaltsleiter Thomas Weber

Tatsächlich ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes die Verpflichtung des Staates, den Strafvollzug auf das Ziel auszurichten, den Gefangenen in der Zukunft ein straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen. So heißt es hier auch, dass besonders bei Menschen im langjährigen Vollzug aktiv den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken sei. Genau dieses Ziel stand daher wohl im Vordergrund, als die JVA Bruchsal Aleksandr Perepelenko die Ausführungen zusprach. Diese Ausführungen sind dabei nicht mit offenem Vollzug oder Freigang zu verwechseln, in jedem Fall wird der Gefangene von Justizvollzugsbeamten auf Schritt und Tritt bewacht. Wie es Aleksandr Perepelenko gelingen konnte, am Montag seinen Aufpassern zu entkommen und sich zudem fatalerweise noch der elektronischen Fußfessel zu entledigen, ist derzeit aber eine Frage, auf deren Beantwortung viele Menschen noch warten. Indes läuft die Suche nach dem Flüchtigen auf Hochtouren weiter, laut einem Sprecher des Polizeipräsidiums Pforzheim gibt es – Stand Sonntagnachmittag – allerdings noch keine heiße Spur oder neue Hinweise.

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