Zu alt, zu eng, zu unsicher – Die beiden großen Polizeireviere in der Region sind in die Jahre gekommen, doch ein adäquater Ersatz lässt weiter auf sich warten
Von außen sind sie schön anzuschauen, da gibt es nichts zu diskutieren. Das Polizeirevier Bretten mit seiner roten Sandsteintreppe, den filigranen Fensterläden aus Holz, die Fassade in zartem Altrosa gestrichen, oder auch das “Zuhause” der Bruchsaler Kollegen in den historischen Räumlichkeiten des Barockschlosses, mit den ausladenden Kastanienbäumen im Vorgarten.
Doch wie jeder Altbau-Besitzer nur zu gut weiß, sind historische Räumlichkeiten zwar wunderschön, aber hinsichtlich ihrer Praktikabilität mit reichlich Kompromissen im Alltag versehen. In puncto Effektivität und Praxistauglichkeit genügen die beiden Gebäude dem fordernden Alltag einer modernen Polizei schon längst nicht mehr. Zu wenig Platz, offensichtlich mangelnder Brandschutz und offene Sicherheitsfragen sind nur ein paar der offenen Punkte, die schon zu lange durch Provisorien kaschiert werden. In Bretten ist – für jedermann sichtbar – beispielsweise das Treppenhaus in Holzbauweise der einzige Fluchtweg für die oberen Etagen, in einem modernen, öffentlichen Gebäude ein nicht akzeptables Risiko. Die Umkleideräume für Beamtinnen wurden in den 80er Jahren behelfsmäßig eingerichtet, ein Zustand der sich bis heute nicht geändert hat. Ähnlich sieht die Situation im Polizeirevier Bruchsal aus, es fehlt an gängigen Sicherheitseinrichtungen wie zum Beispiel einer Besucher-Schleuse oder bruchsicherem Glas, zudem treten sich die Einsatzkräfte im Streifendienst in den beengten Räumen quasi auf die Füße. Für diese Eindrücke muss man kein Insider sein, ein einfacher Besuch der Reviere reicht für diesbezügliche Erkenntnisse aus. Dennoch bestätigen uns mehrere Beamten aus beiden Revieren die hier beschriebenen Zustände und die Notwendigkeit einer Veränderung.
Jammern hört man dennoch weder in Bretten noch in Bruchsal irgendjemanden – schließlich hat man die “gute alte Stube” auch irgendwie lieb gewonnen, doch die praktischen Nachteile im Alltag sind einfach nicht von der Hand zu weisen. Da eine Modernisierung der beiden historischen Gebäude durch Auflagen wie z.b. dem Denkmalschutz stark limitiert sind, bleibt im Grunde nur der Umzug in ein neue Räume. Eine Erkenntnis die nicht erst gestern gereift ist, seit Jahren steht ein Neubau der beiden Reviere auf der Agenda – die Umsetzung jedoch läuft schleppend. Während der Bau von Feuerwehrhäusern beispielsweise eine kommunale Angelegenheit ist, muss der Neubau von Polizeirevieren direkt vom jeweils zuständigen Bundesland abgewickelt werden. In Baden-Württemberg ist es die Aufgabe des Landesbetriebes Vermögen und Bau einen geeigneten Bauplatz zu erwerben. Sowohl in Bruchsal als auch in Bretten sind dafür schon potenzielle Areale im Gespräch: In Bretten oberhalb des Kreisverkehrs in der Hermann-Beuttenmüller-Straße, in Bruchsal gegenüber der neuen Feuerwehrwache in der Bahnstadt.
Nun könnte man pragmatisch sagen: Auf geht’s – zuschlagen und loslegen, doch so einfach scheint die Sache nicht zu sein. Reichlich vage fällt in jedem Fall eine diesbezügliche Stellungnahme von Gisela Splett, Staatssekretärin im Finanzministerium Baden-Württemberg aus. Auf eine kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Dr. Christian Jung von der FDP bezüglich der Pläne für den Neubau des Bruchsaler Reviers schreibt sie: “„Aussagen zu den Gesamtbaukosten und den genauen Planungsschritten sind aufgrund des dargestellten frühen Projektstadiums derzeit noch nicht möglich. Demnach gibt es auch keine konkreten Planungen für einen möglichen Neubau des Polizeireviers“ Auch die Frage, ob ein entsprechendes Grundstück bereits erworben wurde, wurde mit einem klaren “Nein” beantwortet. Die Antwort auf eine ähnliche Anfrage hinsichtlich des neuen Brettener Polizeireviers der Landtagspräsidentin Muhterem Aras, die unserer Redaktion vorliegt, wird da schon etwas konkreter. Wie das Finanzministerium mitteilt, wurde ein entsprechender Planungsauftrag für ein Flurstück in der Hermann-Beuttenmüller-Straße zwar erteilt, ein Kaufvertrag läge aber nocht nicht vor. Diesbezügliche Verhandlungen mit der Stadt Bretten fänden aber derzeit bereits statt. Dies bestätigte uns auch Brettens Oberbürgermeister Martin Wolff. So sei man sich sicher die Verhandlungen zu beiderseitiger Zufriedenheit zum Abschluss bringen zu können, so Wolff. Wann diese abgeschlossen sind, ist derzeit noch unklar – gerechnet wird mit einem Baubeginn aber frühestens 2024.
So bleibt den Beamtinnen und Beamten in Bretten und in Bruchsal nichts anderes übrig, als weiterhin ihre volle Einsatzbereitschaft in dafür im Grunde ungeeigneten Räumlichkeiten aufrechtzuerhalten. Das Land hat – spätestens nach den Ausschreitungen in Stuttgart – mehr Geld in die Ausrüstung der Polizei als auch in die Ausschreibung entsprechender Stellen investiert, wie Innenminister Thomas Strobl noch im Februar 2021 verkündete, doch für Christian Jung reicht das Engagement diesbezüglich noch nicht aus. „Die Landesregierung lässt die Polizistinnen und Polizisten in Bruchsal im Stich“ fasst der Landtagsabgeordnete, der den Wahlkreis Bruchsal für die Freien Demokraten mitbetreut die jüngste Antwort aus Stuttgart konsterniert zusammen.
Wundert einen das bei dem Innenminister?
Und als ob der genannte Herr der FDP besser machen würde…