Über drei Jahrhunderte gibt es das alte Gasthaus zum Ochsen im Herzen von Mühlbach. Seit Generationen ist es im Familienbesitz und so soll’s auch bleiben.
Der alte Ochse gehört zu Mühlbach – das war schon immer so. Das alte Sandsteingebäude mitten im Herzen des Steinhauerdorfes gehört zum vertrauten Ortsbild und das nicht erst seit gestern. Hier kehren die Mühlbacher seit 1720 ein, seit über 300 Jahren. In einer alten Aufzeichnung in den Ortschroniken wird die erste Konzession für das Gasthaus auf den 5.März 1720 datiert – jenem Jahr in dem Schweden und Preußen nach langen und blutigen Kriegsjahren Frieden schlossen und in Mannheim der Grundstein für das Schloss des pfälzischen Kurfürsten gelegt wurde.
Zuerst zeichnete sich die Familie Reimold für den Ochsen verantwortlich, später dann die Familie Schäfer, deren Nachfahre Karl Öchsner noch heute hinter dem alten Tresen steht, so wie seine Ahnen seit über 130 Jahren. Karl passt in den Ochsen , wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge – oder wie man im Ort sagen würde: Wie´d Arsch uffn Eimer. Nicht nur sein Nachname eignet sich geradezu ideal dazu, die Rolle des Ochsenwirts zu bekleiden, sondern auch seine Liebe zu seinem Heimatdorf Mühlbach und zum harten, aber ehrlichen Beruf des Wirts. Mehr oder weniger von früh bis spät steht er in seiner alten Küche, klopft Schnitzel und brät Kartoffeln. Morgens um 8 Uhr geht es los, denn schon bevor die Turmuhr zur Mittagsstunde schlägt, treffen die ersten Gäste für den Mittagstisch im Ochsen ein. Bis dahin gibt es reichlich zu tun… Einkäufe, Vorbereitungen, Putzen und was eben sonst noch anfällt in einer Gastwirtschaft.
Dabei ist Karl nicht allein, an seiner Seite steht die dem Ochsen seit 34 Jahren treue Claudia. Mit ihrer offenen und ungezwungenen Art ist sie eine Art Gegenentwurf zum eher ruhigen und introvertierten Karl. Unter ihrer wilden Mähne schauen fröhliche Augen durch eine schwere Hornbrille, die Lachfalten drumherum erzählen alles, was man wissen muss. Kurzum, man schließt die beiden sofort ins Herz. Wenn alte Wirtschaften es so lange durch die Wirren der Zeit geschafft haben, dann liegt das vor allem an den Menschen, die dafür einstehen. Claudia und Karl lieben den Ochsen, arbeiten gerne hier, jeden Tag, auch wenn es manchmal spät wird. “Früher simmer vor de oins net nuff” erzählen sie, denn gerade die Ortsvereine trudeln oft erst zu später Stunde ein, dann wenn z.B die Probe des Gesangvereins oder des Musikvereins endet. Bis in die Nacht hinein hat Karl dann mit den Töpfen geklappert und Claudia den Zapfhahn bedient.
Heute treten sie etwas kürzer, schließlich sind beide zumindest nicht mehr die allerjüngsten. Montags ist Ruhetag, mittwochs ist am Nachmittag zu und am Samstag wird nur nach Bedarf geöffnet. Die Mühlbacher halten ihren Ochsen trotzdem in Ehren, hüten ihn wie eine Perle. Völlig zurecht, schließlich ist er der letzte Vertreter seiner Art im Dorf, all die anderen Löwen, Kronen oder grünen Bäume sind schon längst Geschichte, der Ochse ist der letzte, der noch steht. “Gut fuffzig Prozent der Gäste kumme ausm Dorf” ist sich Karl sicher, darunter – ein gutes Omen für das Kommende – auch die Jüngeren. Man hält dem Ochsen die Treue, feiert hier wieder vermehrt Hochzeiten, Geburtstage oder Kommunionen. Claudia ist sich sicher, dass die Wertschätzung für die alten Dorfgaststätten in den letzten Jahren wieder mehr Bedeutung erfahren hat, das Schlimmste scheint überstanden.
Mühlbach hat dabei tatsächlich Glück, noch einen solch geschichtsträchtigen Klassiker im Ort zu wissen – in unendlich vielen anderen Kraichgaudörfern gibt es längst keine einzige Gastwirtschaft mehr. Aber auch für die letzten Veteranen ist der Wind beständig rauer und kälter geworden. Es ist fast unmöglich zuverlässiges Personal zu finden, die Preise im Einkauf schnellen nach oben und durch die wieder auf das Vor-Corona-Niveau gestiegene Mehrwertsteuer müssen die Gäste seit dem Jahreswechsel ein klein wenig tiefer in die Tasche greifen. Bei der Qualität wollen Karl und Claudia aber keine Kompromisse akzeptieren, ihre Zutaten kommen alle aus der Region, das Fleisch frisch vom Metzger aus Eppingen.
Wie es mit dem Ochsen einmal weitergehen soll, wenn Karl und Claudia nicht mehr können, das wissen sie beide noch nicht. Ob sie es schaffen, ihre alten Mauern in würdige und fähige Hände zu übergeben, können Sie jetzt noch nicht sagen. Noch ist es aber nicht so weit…noch lange nicht! Beide haben Spaß an der Arbeit und das spürt und fühlt man auch.
Noch steht der alte Ochse an seinem altvertrauten Platz – mitten in Mühlbach, so wie schon seit über 300 Jahren.
Vielen Dank für die Geschichte dieses Lokal aufzuzeigen. Ich selbst kenne es langer Zeit durch zahlreiche Besuche. Sie haben mit Schwierigkeiten von Außen zu kämpfen und lassen sich nicht die Butter vom Brot nehmen und machen ihr Lokal einfach zu. Das fordert Respekt ab.
Ein Sterben auf Raten und dann kommt die SystemGastro zum spitzen Preis ! Traurig Traurig wie der kulturelle Verfall immer mehr um sich greift …