Game Over in Heidelse

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Der langsame Abstieg des früher florierenden Einkaufszentrums an der B35 nähert sich seinem traurigen Ende

Ein Kommentar von Philipp Martin

Es hat sich schon seit Jahren angefühlt wie ein langsamer Tod auf Raten, die letzte scheint nun im Frühjahr 2024 fällig zu werden. Was früher einmal ein lebendiges und gut besuchtes Einkaufszentrum auf der ehemals grünen Wiese war, wird dann bis zu einer möglichen, aber alles andere als sicheren Wiedergeburt zunächst einmal ein trauriger, verlorener Ort.

Die Faktenlage hinter diesem Drama ist schnell erzählt. Im Sommer 2013, also vor 10 Jahren, stellte die Baumarktkette Praktiker Insolvenzantrag – die Filialen wurden Stück für Stück abgewickelt, darunter auch die vor den Toren Bruchsals. Der Markt wurde geschlossen und dient seither in Privatbesitz dem Landkreis Karlsruhe als regelmäßigem Mieter als Allzweckgebäude für temporäre Projekte wie beispielsweise als Impfzentrum oder Unterkunft für Geflüchtete. Auch der Nachbar, die Supermarktkette real, kam vor einigen Jahren ins Straucheln, Märkte wechselten den Besitzer, die Firmierung und den Namen. Immer wieder hieß es, man wolle versuchen, so viele Standorte wie möglich zu erhalten oder in neue Hände zu übergeben. Ein Satz mit X, für Bruchsal-Heidelsheim kam nun vor einigen Tagen das definitive Aus – im Frühjahr 2024 erlöschen hier die letzten Lichter.

Der ehemalige Praktiker Baumarkt in Heidelsheim / Archivbild Redaktion

Es tut weh, mit ansehen zu müssen, wie die verbliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach so vielen Monaten des Bangens und des Hoffens am Ende doch enttäuscht wurden. Bei meinen Einkäufen habe ich immer wieder mit ein paar von ihnen etwas Smalltalk gehalten, allzu viel Vertrauen bestand nach meinem Eindruck ohnehin nicht mehr in die Rettung des Standortes. “Es ist schon lange nicht mehr das gleiche wie früher”, bestätigt mir eine Kassiererin den Eindruck, dem man sich ohnehin nicht erwehren kann. Wo früher an jedem Werktag und natürlich am Samstag die Luft gebrummt und der Bär getanzt hat, geht schon lange kaum noch etwas. Viele kleinere Geschäfte, Händler und Läden aus dem Bereich vor den Kassen haben sich zurückgezogen, auch das Sortiment im Supermarkt wurde stark verkleinert – Verkaufsfläche, die vorher fast vollständig ausgeschöpft war, lag vor den Augen aller brach.

Himmel, was habe ich früher mein Samstagsritual geliebt. Nach dem Frühstück mit dem Roller übers Land nach Heidelse an die B35. Zuerst zum Baumarkt um den ganzen Kleinkruscht für mein wochenendliches Rumwerkeln in Hof und Garten zu besorgen, danach in dem Meer aus Menschen durch den Real surfen um Dinge einzukaufen, die ich noch nicht einmal ansatzweise auf meinem Einkaufszettel hatte, einfach weil die Auslage so groß und bunt war. Nach der Kasse noch schnell ein paar Antipasti und nebenan am Kiosk die Lieblingszeitschrift eingepackt, um zum Abschluss bei Zülfi, dessen Imbiss damals noch direkt vor den Toren des Marktes stand, eine Currywurst mit Pommes zu verspachteln. Du konntest in nächster Nähe außerdem noch deine Kisten aus dem Getränkemarkt besorgen, Post und Päckchen an der nahen DHL Station abgeben und danach noch das Auto waschen oder an manchen Tagen sogar auf dem Flohmarkt am alten Autohof etwas kruschteln. Auch wenn nicht alles davon verloren ist, es war das Gesamtpaket, das irgendwie stimmig war, das irgendwie gepasst hat.

In den letzten Monaten hat sich das alles überhaupt nicht mehr gut, überhaupt nicht mehr stimmig angefühlt. Man hat sich in dem viel zu großen, viel zu leeren Gebäude etwas verloren gefühlt, ein echtes Einkaufsgefühl war das schon lange nicht mehr. Ich vermisse die alte Kombination aus Baumarkt und dem quirligen, bunten Supermarkt daneben, nicht mehr aber den Schatten all dessen, der sich in der jüngsten Vergangenheit über all das gelegt hat.

Wie es nun mit dem alten Einkaufszentrum an der B35 bei Heidelsheim weitergeht? Das steht vorerst in den Sternen, das kann keiner genau sagen. Wenn ich aber eine Wette platzieren müsste, dann würde ich weiter auf das Areal setzen. Sollte sich ein kluger Investor finden, der alle ortsansässigen Akteure mit ins Boot holt und – da führt kein Weg dran vorbei – reichlich Geld in das Projekt steckt, hat der Standort direkt an der Bundesstraße mit Sicherheit das Potenzial einen neuen Morgen zu erleben. Für ein vitales und lebendiges Einkaufszentrum, das ein breit aufgestelltes Sortiment bietet, das ein echter Treffpunkt ist, sind die Menschen durchaus bereit längere Wege in Kauf zu nehmen. Das zeigt das Phänomen Globus bei Wiesental eindrücklich jeden Samstag, wo mitnichten nur das direkte Umland einkauft, sondern Kundinnen und Kunden von weit her anfahren, um hier ihre Einkäufe zu erledigen. So etwas würde ich mir für Heidelsheim auch wünschen. Bis dahin werde ich wohl wechseln, denn bei aller Wehmut… that’s business Baby.

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19 Gedanken zu „Game Over in Heidelse“

  1. Mir tut es leid für die Mitarbeiter und für viele Mitbürgerinnen und Mitbürger, die auf diese Einkaufsmöglichkeit angewiesen sind. Zukunftsfähig war dieser Markt schon sehr lange nicht mehr.
    1. das Einkaufserlebnis geht gegen null. Chronisch unterbesetzte Kassen, ständiges Umräumen, lieblose Regale und das Gebäude ist auch schon sehr in die Jahre gekommen
    2. die Stadt Bruchsal hat kein Interesse, dort einen neuen Supermarkt anzusiedeln, der die Kunden weg aus der Kernstadt lockt
    3. am Ende hat die Unterbringung der ukrainischen Flüchtlinge sicher auch einen Teil dazu beigetragen, dass die eh schon spärliche Kundschaft noch weniger wurde

    Eigentlich ist es schade, denn das Areal bietet ausreichend Platz, eine gute Verkehrsanbindung und sicher auch das nötige Kundenpotential.

  2. Ich erinnere mich noch an die „guten alten Zeiten“ als es noch den basar gab. Da sind wir aus Gochze rüwwer gfahre zum basar nach Heidelse. Do hat mer alles gekriegt. Als ich vor einiger Zeit die Wohnung meiner Mutter räumte, fand ich noch viele Dinge, die den Aufkleber basar trugen.
    Was wird aus den alten Menschen, die kein Auto mehr haben oder kein Auto mehr fahren können?? Eine Buslinie dahin gibt es nicht und ist auch sicher nicht geplant!
    Auffällig ist, dass immer weniger Mitarbeiterinnen an den Kassen zu finden sind. Sicher trägt die Verunsicherung dazu bei, dass die Leute nach einer anderen Perspektive suchen.

  3. es war lange voraussehbar nun kann es nicht mehr weggeleugnet werden.
    das ehemalige gewerkschaftsunternehemen ist erledigt war aber mangels angewandter Investitionen nicht mehr zeitgemäß.
    wo sind die Finanzen die Deutschland, ja ich schreibe bewusst Deutschland, investiert hat ?
    offensichtlich im Sack der Investoren und Retter
    wo waren hier die Prüfungen und Kontrollen?
    Versagen auf der ganzen Linie
    den Vergleich mit Globus habe ich schmunzelnd wahrgenommen un kommentiere es mal so
    Familie Bruch hat alles richtig gemacht und wird mit Globus erfolgreich weiter am Markt sein und bleiben. Hier geht man den Weg mit dem Blick auf das machbare

    jowa

  4. Sehr schöner Artikel der auch mich als Heidelsheimer an die gute alte „Basar“-Zeit erinnert.
    Gründe gibt es ja sicherlich viele wieso das Ende so gekommen ist.
    Was für mich aber nach wie vor unverständlich ist, ist die Entscheidung für das Saalbach Center in Bruchsal. Neben den vielen kleinen Märkten in anderen Orten stellt sich die Frage warum jemand nach Heidelsheim fahren soll wenn wenige km weiter das gleiche Sortiment mit modernem Ambiente zu finden ist. Anstelle dessen hätte man auch den Standort Heidelsheim stärken können zumal in Bruchsal viele Möglichkeiten vorhanden waren (Edeka,…).

    • Vielleicht wollte man das aber auch NICHT !!! Viele Gochsheimer fahren nach Flehingen zu einem Discounter. Früher fuhr man eben nach Heidelse zum basar.

  5. Als Kind hat man es geliebt zum basar zu gehen, endlose Gänge immer was zu endecken. Das Lego Regal war für mich immer das highlight.
    Naja sehr schade, dass es nun bald vorbei ist. Was auch schade ist, dass sich Vollsortimenter in Deutschland nicht mehr halten können.

  6. Da kommt schon wieder was rein, nur will halt keiner die alten Gemäuer mieten!
    Wenn’s regnet, war’s immer ein Abenteuer im Real! Die Anbindung ist top, das Areal ansich auch….

  7. Ich bin seit den 80ern dort hin, und das war so einer Art „Anlaufort“ für alle möglichen Kunden besonders aus den umliegenden Dörfern. Seit ca. 20 Jahren ging es da deutlich bergab, und man stieg von modern und gut-sortiert zum genauen Gegenteil ab.

    Schade, aber die Zeit schreitet voran und wenn es schon die prächtigen Kaufhausketten erwischt hat, dann musste wohl auch früher oder später der REAL weichen. Ich hoffe aber da entsteht nicht eine Bauruine wie z.b. im alten EDEKA in Bruchsal (das Loch bei der Hebelschule / Wilderichstrasse, dass aussieht als hätte man den Wiederaufbau nach dem Krieg dort vergessen).

  8. Es ist sehr schade, was da geschieht es gibt soviele tolle und nette Mitarbeiter, auch wenn die Preise sicher hoch waren gingen mein Mann und ich immer gerne dort einkaufen, nach dem nicht idealen Umbau war Obst und Gemüse am Eingang was nicht so passend war, aber es war schön wenn man rein kam der Obstmann war immer super freundlich und zuvorkommend, er hat uns sogar unseren neuen Fernseher verkauft, auch die anderen Kollegen in der Metzgerei waren immer für einen Spaß zu haben, das waren Charakter die diesen Markt geprägt haben und uns ein gutes Gefühl gegeben haben, es ist traurig das es nun so endet

  9. Habe den Kommentaren nichts zu ergänzen, ausser das ich das Dreiser Sprudel aus der Vulkaneifel vermisse. Ausser beim Real in Heidelsheim, nur im Globus in Koblenz gefunden🙈😅

  10. Ich verstehe nicht ganz weshalb Kaufland nicht an dem Standort interessiert ist…? Die Kaufkraft für eine kleine Variante davon wäre doch sicher da!

  11. Habe vor ca. 20 Jahren mal eine Zeit lang dort gearbeitet. War leider kein so glückliches Erlebnis. Es gab viel „hintenrum“. Einige Kollegen waren in Ordnung, andere leider nicht.
    Trotzdem bin ich sehr traurig. Zum Einkaufen war es immer schön. War halt familiär und ortsnah. Man hat deutlich gespürt, dass in den letzten Jahren immer mehr abgebaut wurde. Fläche verkleinert, Regale teilweise oft über Tage hinweg leer. Der langsame Tod eines ehemals florierenden SB Warengeschäfts. Man hat es irgendwo ignoriert, aber insgeheim haben es wohl viele gewusst.
    Seit die illegalen Migranten und die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine im
    Praktiker nebenan untergekommen sind, fühlt man sich zunehmend unwohl. So geht es sehr vielen, mit denen ich gesprochen habe. Schon morgens sind Menschen betrunken, es musste ein Sicherheitsdienst her. Alles wirklich unfassbar traurig und schwer mitanzusehen. Wünsche den Mitarbeitern alles Gute für die Zukunft.

  12. 24.11.23 18.30
    Christel

    Ja, alles sehr traurig, besonders für die alten Leute und die ohne Auto. Selbst für eine Schraube muß man fast bis Karlsdorf oder Bretten fahren weil auch der naheliegende Baumarkt bei Siemens schon länger zu gemacht hat

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