Kommunale Infrastruktur kann weiter gestärkt werden
Etatplanung für 2017 berücksichtigt zahlreiche wichtige Investitionen
Mit einem durchaus anspruchsvollen „Dauerlauf auf einem langen Weg mit vielen Unwägbarkeiten“ verglich jetzt in Östringen Bürgermeister Felix Geider den komplexen Prozess der Aufstellung eines öffentlichen Haushalts. Bei seiner Ansprache im Gemeinderat zum Stadtetat 2017, den die Bürgervertretung bei einer Gegenstimme und drei Enthaltungen ansonsten einmütig verabschiedete, rückte der Rathauschef in den Blick, dass bei der Ausarbeitung des knapp 300 Seiten starken Zahlenwerks einmal mehr die Balance zwischen der Wahrung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Kommunalfinanzen einerseits und dem Bedarf an strukturverbessernden Projekten und Maßnahmen gefordert war.
In der Kraichgaustadt wird im sogenannten Ergebnishaushalt, der im Wesentlichen die laufende Geschäftstätigkeit abbildet, bei Erträgen in Höhe von gut 27,5 Millionen Euro und Aufwendungen von knapp 28,2 Millionen Euro mit einem Jahresverlust von rund 671.000 Euro gerechnet. Wie Bürgermeister Geider analysierte, wird dieses Ergebnis, das dazu zwingt, die Mittel für die vorgesehenen Investitionen aus der vorhandenen Liquiditätsreserve zu entnehmen, maßgeblich durch die zuletzt für die Kommunen eher ungünstige Entwicklung der Finanzbeziehungen zum Kreis, zum Land und zum Bund beeinflusst.
„Was die Kreisumlage angeht, sind wir mit 32 Prozentpunkten wirklich an einer Schmerzgrenze angelangt“, betonte der Rathauschef – allein bei dieser Kostenstelle muss Östringen im Vergleich zum Haushaltsjahr 2015 nun fast 1,5 Millionen Euro mehr aufwenden. Durchaus fragwürdig ist aus der Sicht des Stadtoberhaupts außerdem, dass Bund und Land den Städten und Gemeinden über Gesetze und Verordnungen immer mehr Aufgaben zuordnen, ohne die dafür notwendige Finanzausstattung zu gewährleisten. „Das ist so, als ob Sie mit ihren Kindern essen gehen, das Restaurant bestimmen, bestellen, sich dann auch noch für ihre vorzügliche Auswahl loben und die Rechnung sowie den Abwasch von den „Kleinen“ erledigen lassen“, meinte Geider. Im Sinne von Beispielen nannte der Rathauschef unter anderem die Kleinkindbetreuung, die Flüchtlingsbetreuung sowie die vielfältigen Reformen in der Bildungslandschaft, die von den Kommunen in ihrer Eigenschaft als Schulträger verarbeitet werden müssen.
Bei den Investitionen sind für die kommenden Monate Ausgaben in Höhe von 4,3 Millionen Euro geplant, gleichzeitig sind die Einnahmen aus Zuschüssen, Beiträgen und Verkäufen mit 2,1 Millionen Euro veranschlagt. Wichtige Stichworte bei der Verbesserung der städtischen Infrastruktur sind in der nächsten Zeit unter anderem die Erweiterung des Kindergartens St. Ulrich in Östringen, der Neubau des Kindergartens St. Josef in Odenheim, der Umbau des Rathauses, der Abschluss der Sanierung der Hermann-Kimling-Halle und der Hochwasserschutz in der Gewerbezone Schenkloch. Auf der Agenda stehen ferner der Ausbau eines umweltschonenden Nahwärmenetzes, Maßnahmen in den Sanierungsgebieten in Östringen und Odenheim sowie die weitere Umsetzung des Ende 2015 beschlossenen Integrierten Stadtentwicklungskonzepts `Östringen 2030´.
Dank der günstigen Wirtschaftsentwicklung auf nationaler und auch auf lokaler Ebene kalkuliert Stadtkämmerer Dominik Broll für 2017 mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 4 Millionen Euro, somit 500.000 Euro mehr als noch im vorigen Jahr. Was die Verschuldung des Kernhaushalts anbelangt, konnte Bürgermeister Geider nun durchaus eindrucksvolle Zahlen vermelden. Stand Östringen 2011 insoweit noch mit rund 12,3 Millionen Euro in der Kreide, waren es Ende 2016 lediglich noch 7,7 Millionen Euro. Zugleich konnte die Verschuldung bei den kommunalen Eigenbetrieben trotz vieler Investitionen annähernd konstant gehalten werden.
Bei der Vorstellung der Wirtschaftspläne der beiden städtischen Eigenbetriebe konnte Geider bekanntgeben, dass nach Maßgabe der auf einen aktuellen Stand gebrachten Gebührenkalkulationen sowohl der Wasserpreis wie auch die Schmutzwassergebühr dieses Jahr konstant gehalten werden können. Der Tarif für Niederschlagswassergebühr sinkt sogar geringfügig.
Im neu geschaffenen Betriebszweig der Nahwärmeversorgung rechnet man in Östringen in den ersten Jahren mit Investitionen von insgesamt rund 2,4 Millionen Euro und anfänglichen Verlusten in der Anlaufphase. Die Zielmarke für einen wirtschaftlichen Betrieb des Nahwärmenetzes, das öffentlichen und privaten Anschlussnehmern vielfältige Vorteile bietet, liegt bei einer mittel- und längerfristig angestrebten Anschlussquote von 60 Prozent der an der Strecke liegenden Privathaushalte.
Für die im Gemeinderat vertretenen Fraktionen und Gruppen kommentierten die Stadträte Jürgen Lakatos (CDU), Stadtrat Christian Huth (SPD), Klemens Haag (Unabhängige Liste) und Soeren Rabe (FDP / Freie Bürgerliste) den Stadtetat 2017. Während Lakatos, Haag und Rabe namens ihrer jeweiligen Fraktion oder Gruppe die Zustimmung zu dem Zahlenwerk empfahlen, brachte Huth zum Ausdruck, dass in den Reihen der Sozialdemokraten im Gemeinderat der Haushaltsplan in der vorliegenden Fassung „mehrheitlich“ befürwortet werde.
Keine Zustimmung fand der Haushalt bei der schlussendlichen Abstimmung bei Stadtrat Gerd Rinck (SPD). In einer persönlichen Stellungnahme begründete der Odenheimer Ortsvorsteher seine ablehnende Haltung mit der Art und Weise, wie aus seiner Sicht bestimmte den Stadtteil Odenheim betreffen- de Themen bei den vorangehenden Aussprachen im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats „beraten und abgelehnt wurden und teilweise regelrecht abgeblitzt sind.“ In diesem Zusammenhang führte der Sozialdemokrat den Antrag zur Sanierung des Freibads durch Einbau eines Edelstahlbeckens im Sinne der Vorstellungen des dortigen Fördervereins sowie die seiner Meinung „längst überfällige“ Sanierung des Verwaltungstrakts an der Grund- und Werkrealschule Odenheim an.
Insgesamt vertrat Ortsvorsteher Rinck die Meinung, „dass das Verhältnis der Gemeinderäte untereinander noch nie so schlecht war“ als derzeit und dass sich das Ratsgremium außerdem nicht intensiv genug mit den Themen der Ortsteile befasse. Vehement zurückgewiesen wurden Rincks Vorhaltungen vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Lakatos und auch von ULi-Fraktionschef Haag, die auf die vielfältigen bei den Ausschussberatungen vorgetragenen und in die Meinungsbildung eingeflossenen Sachargumente verwiesen. Bürgermeister Geider wiederum rückte in den Blick, dass die mit vielen Emotionen besetzte Debatte des zurückliegenden Jahres zur Unechten Teilortswahl bei der Gemeinderatswahl ganz offenbar „einige Wunden aufgerissen“ habe, die seither noch nicht wieder geschlossen werden konnten. Bei der Aufstellung des städtischen Haushalts gehe es hingegen um Sachentscheidungen und um eine allen Belangen verpflichtete verantwortungsvolle Gesamtbetrachtung.
Redaktion: Wolfgang Braunecker