Be- statt Entlastung durch kaschierte Ersatz-Autobahn befürchtet
Verursachen die geplanten Umgehungen von Bruchsal, Bretten und Bauschlott möglicherweise mehr Verkehrsbelastung als sie vorgeblich verhindern sollen? Durch die Ausdehnung der Speckgürtel von Karlsruhe, Pforzheim und Heidelberg hat die Region in den vergangenen Jahren einen starken Zuwachs in Sachen Verkehr erlebt. Besonders in den Städten Bruchsal und Bretten ist diese Zunahme deutlich zu spüren, aber auch z.B. die Ortsdurchfahrten in Ubstadt-Weiher oder Kraichtal sind zu Stoßzeiten chronisch überlastet.
Viele geplagte Anwohner setzen daher ihre Hoffnungen auf Umgehungsstraßen, die die Hauptlast aus den Ortskernen holen sollen. Von der angedachten Umgehung der B35 im Osten Bruchsals, erhoffen sich beispielsweise nicht nur die Bruchsaler sondern auch die Ubstadt-Weiherer und Kraichtaler eine starke Entlastungswirkung. Die Realisierung dieses eigentlich bereits in den 80er Jahren beerdigten Projektes, ist in den letzten Jahren wieder in greifbare Nähe gerückt. Wie durch Zauberhand wurde das Vorhaben quasi über Nacht im Bundesverkehrswegeplan 2030 von “de facto Aussichtslos” plötzlich zum “vordringlichen Bedarf” heraufgestuft. Doch nicht nur die B35 Ost wird plötzlich mit Nachdruck verfolgt, sondern auch die Ortsumgehungen der großen Kreisstadt Bretten und der Gemeinde Neulingen. Sieht man sich die angedachten Trassen im kombinierten Verlauf an, so entdeckt man eine direkte Querverbindung zwischen der A5 bei Bruchsal und der A8 bei Pforzheim. Es könnte durchaus der Verdacht entstehen, dass es bei den geplanten Projekten nicht erstrangig um die Entlastung der Menschen im Kraichgau geht, sondern vielmehr um die Entlastung der zunehmend beanspruchten Autobahnen A5 und A8.
Zu dieser Schlussfolgerung kommt auch die Bruchsaler SPD-Fraktion und stuft den angedachten Ostast der B35 als Bestandteil einer großräumigen West-Ost-Achse ein. In einer diesbezüglichen Pressemitteilung verweist die Fraktion auf ein schon fast vergessenes Projekt mit dem Namen A80. Dabei handelt es sich um eine einstmals geplante Autobahn von Lingenfeld-Germersheim über Bruchsal nach Stuttgart. Zwar sei das Vorhaben irgendwann eingestellt worden, nicht aber die Bemühungen eine Ost-West-Achse zu schaffen, so die Partei weiter. Mit dem Ende der Planungen der Nordtangente um Karlsruhe, läge der Druck nun auf Bruchsal welches nach Einschätzung der SPD nun zum verkehrspolitischen Brennpunkt würde.
Zwar sieht die Partei neue Verkehrsstraßen als realistisch nicht vermeidbar an, spricht sich aber für eine deutlich verträgliche Umsetzung des Projektes für Mensch und Natur aus. In ihrer Erklärung schreiben die Verfasser daher:
….vor allem autobahn- oder autobahnähnlicher Ausbau der Ost-West-Strassenverbindung zerstören den Naturraum von Stadt und Region und belasten unzumutbar die Lebensqualität der Bürger – wenn nicht in maximalem Umfang in die Umweltverträglichkeit der Verkehrstrassen investiert wird.
Für die SPD bedarf es deshalb einer kompromisslosen Haltung der Stadt Bruchsal. Verkehrstrassen ja, weil realistisch nicht vermeidbar…”
In einer diesbezüglichen Sitzung hat sich der Gemeinderat der Stadt Bruchsal bereits mehrheitlich gegen einer Durchschneidung des Rotenberges bzw. einer oberirdischen Variante der B35 Ost ausgesprochen. Mit ihr sei eine oberirdische B35 Ost nicht zu machen, versicherte im Hügelhelden-Interview auch Bruchsals Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick. Die Stadt hat vor einigen Wochen zudem eine groß angelegte und kostenintensive Prüfung der Optionen auf eine Tunnellösung in die Wege geleitet. Für eine Untertunnelung bzw Überdeckelung der geplanten Trassen spricht sich auch die SPD aus, gibt aber gleichzeitig zu bedenken:
..Diese Trasse lässt sich nicht komplett untertunneln, da sie Rohrbach- und Saalbachtal zwingend queren und damit zerschneiden muss…”
Das Tauziehen um die B35 Ost bzw. die dadurch entstehende Ost-West-Achse ist also nach wie vor in vollem Gange. Die Frage ob der geplante Trassenverlauf wirklich im Interesse der Menschen in der Region liegt, oder größeren verkehrspolitischen Zielen dient, kann angesichts der vorhandenen Faktenlage nicht ohne weiteres beantwortet werden.