Statt dröger Empfänge, startet Gondelsheim ganz gemütlich ins neue Jahr
von Philipp Martin
Zwischen der quirligen Weihnachtszeit und der bunten Faschingssaison liegt traditionell der Januar, für uns Online-Journalisten eine regelrechte Saure-Gurken-Zeit. Man startet ganz langsam in das neue Jahr, mit Highlights ist in diesen ersten Wochen üblicherweise nicht zu rechnen. Kulturell hat der Monat aber durchaus etwas zu bieten, nämlich die allerorten abgehalten Neujahrsempfänge der Städte und Gemeinden. Diese verlaufen meist nach dem absolut identischen Schema: Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister lassen in irgendeiner Mehrzweckhalle einen Jahresrückblick, unterstützt von einer Fancy-PowerPoint-Präsentation ablaufen, geben einen kurzen Ausblick auf das laufende Jahr, schütteln dem schweigend daneben stehenden Schornsteinfeger die Hand und schneiden die obligatorische Neujahrsbrezel an. Dieses Prozedere dauert je nach Mitteilungsbedürfnis des Gemeindeoberhauptes zwischen 30 Minuten und 90 Minuten, danach wird das kalte Buffet eröffnet.
Es ist erstaunlich, wie wenig dieses Veranstaltungsformat über die Zeit modifiziert wird, tatsächlich ist der Ablauf in fast allen Städten und Gemeinden weitgehend identisch. Da ich unzählige Male an solchen Empfängen teilgenommen habe, wage ich einmal die folgende, möglicherweise provokante Aussage: Die Massen wird dieses alljährlich und pflichtschuldig abgehaltene Event in dieser Form nie mobilisieren, Tatsächlich ist mein Eindruck eher, dass in den letzten Jahren weniger Gäste daran teilnehmen.
Ich vermute vielmehr, dass die meisten Besucher wegen dem gemeinsamen Stehempfang im Anschluss an den offiziellen Teil vorbeischauen. Ganz sicher aber nicht wegen ein paar Butterbrezeln, einem Stück Baguette mit Schinken und Ei oder einem Glas Mineralwasser, sondern wegen der Gespräche – einfach des Austausches wegen. Daran ist auch überhaupt nichts auszusetzen, schließlich sind es genau diese lockeren Runden, die die Verbindungen innerhalb einer Gemeinde stärken.
In Gondelsheim hat man diesen Umstand erkannt und das Format des Neujahrsempfangs in seiner althergebrachten Form komplett über den Haufen geworfen. Statt einer Frontalansprache von der Bühne einer Sporthalle aus, setzt die Gemeinde nun auf eine lockere Neujahrsbegegnung auf dem Rathausplatz. Die Landfrauen backen dazu ihre Speckküchle, es werden Getränke bereitgestellt und Würste ins heiße Wasser geworfen. Danach wird geredet, geredet und geredet . es gibt keine Vorgabe, jeder darf mit jedem ins Gespräch kommen, mit jedem über das sprechen, was ihm zum Start in das neue Jahr auf dem Herzen liegt. Das können große Anliegen sein, kleine Anliegen, belangloser Smalltalk oder einfach einfach nur ein bisschen fröhliches Kraichgauer Gebabbel. Es gibt keine Form, keinen Zwang und keinen Pflichtteil im Programm, genau das macht die Gondelsheim Neujahrsbegegnung seit Jahren zu einem Besuchermagnet. Das fröhliche Beieinander muss nicht erst mit dem Durchstehen eines Pflichtteils verdient werden, Stattdessen setzt die Neujahrsbegegnung einfach nur auf Austausch und ein paar zwanglose gemeinsame Stunden. Natürlich kann der Bürgermeister auch hier ein paar Infos loswerden, allerdings nicht vom Podium aus, sondern in der kleinen Gruppe, auf Tuchfühlung mit seiner Gemeinde. Für große Ankündigungen gibt es ja noch das Ortsblatt oder das Internet.