Ein letzte Mal noch volle Kanne

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Eine Kraichtaler Institution sagt leise „Servus“ – Die Uneroiser Kanne legt den Besen erstmal nieder

Der Herbst hat sich im Kraichgau breit gemacht. Klaus, seine Petra, Robert und weitere Freunde der Familie Gärtner pflücken Äpfel auf dem weitläufigen Grundstück mit Blick auf ihr Heimatdorf Unteröwisheim. Kistenweise stapeln sich die Früchte bereits vor dem blauen VW Bus, darunter auch die Spezialität des Hauses – Äpfel mit purpurrotem Fruchtfleisch. Die Gärtners gehören zu Unteröwisheim wie die berühmten Kerschdekipper. In ihrem Kannenbesen sitzen sich seit jeher Generationen gegenüber, bei Wein, Hausmacher Küche, Gesprächen, Gebruddel und Gelächter.

Schon 1925 hat Großvater Wilhelm das alte Gasthaus “Zur Kanne” in der Herrenstraße im alten Herzen Unteröwisheims gekauft und auf Vordermann gebracht. Es gibt keinen betagten und gestandenen Uneroiser, der hier nicht schon das eine oder andere mal eingekehrt ist. Seit über 100 Jahren bewirtet das um 1840 gebaute Gehöft mittlerweile Gäste, nach Wilhelm übernahm dessen Tochter Irmgard und danach ihre Söhne Klaus und und Kurt.

Klaus Gärtner

Seit 1996 führen die Brüder die betagte Wirtschaft als den weithin bekannten “Kannenbesen”, der seinen Namen natürlich der alten “Kanne” und der damals neu erlangten Eigenschaft als saisonal geöffneter Weinausschankbetrieb verdankt. Besen, die man auch als Kranz- oder Straußwirtschaften kennt, sind traditionell kleine Wirtschaften im Nebenerwerb von Winzern, in denen die im selben Haus erzeugten Weine und kleine Gerichte in nur wenigen Wochen des Jahres angeboten werden.

Wann die goldenen Jahre des Kannenbesen waren, wollen wir von Klaus wissen und die Antwort kommt sofort und unmissverständlich: “Vom ersten Tag an, bis Corona kam”. Wer die Wirtschaft in ihrem urigen Gewölbekeller kennt, muss ihm unumwunden recht geben. Wenn der Kannenbesen geöffnet hat, ist er auch immer voll. Aus dem ganzen Landkreis kommen die Gäste, um hausgemachte Weine, selbstgebrannte Schnäpse, die Gärtnersche Hausmannskost von Klaus als erfahrenen Koch und dazu als Schmankerl Mundart von Adelheid zu genießen. Der Zustrom war einst so groß, dass Klaus und Kurt nicht nur den Kellerraum auf den benachbarten Kartoffelkeller erweitern, sondern sogar den Hof für die Bewirtung der Gäste ertüchtigen mussten.

Familie Gärtner in ihrem Kannenbesen / Bild: Privat

Von der Corona-Krise hat sich die Traditionsgaststätte, die seit einigen Jahren nicht mehr nur als saisonaler Besen, sondern unter Vollkonzession betrieben wird, nicht mehr wirklich erholt. Viele Gäste kamen nicht wieder, die Luft war raus… ein Phänomen, von dem unzählige andere Wirte überall im Land ein trauriges Lied singen können. Insbesondere aus diesem Grund, aber auch aufgrund des Alters und der Gesundheit haben sich die Brüder nun dazu entschlossen, den Kannenbesen im November noch einmal zu öffnen und dann ruhen zu lassen.

Einen Monat lang, vom 4. November bis zum 4. Dezember, kann im gemütlichen Keller und im Innenhof der Herrenstraße – unter dem traditionellen Symbol des Reisigbesen – noch einmal miteinander auf alte Zeiten angestoßen werden.

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