Tauziehen um ein paar Meter Leitplanken
Eine kleine Provinzposse aus dem Kraichtal
von Stephan Gilliar
Als Landwirt Helmut Schilling irgendwann im Frühling dieses Jahres mit seinem Schlepper wie gewohnt von der Landstraße zwischen Unteröwisheim und Münzesheim nach rechts auf den Feldweg in Richtung seiner Äcker abbiegen möchte, staunt er nicht schlecht. Dort wo Jahrzehnte lang eine Abfahrt von der Landstraße auf den Wirtschaftsweg bestand, glänzte nun eine nagelneue Leitplanke in der Kraichtaler Frühlingssonne. „Ohne Vorwarnung, niemand wusste irgendetwas“ erzählt der Landwirt aus der Weiherbachsiedlung am Telefon. Zwar gibt es als alternative Zufahrt zu diesem landwirtschaftlichen Hauptweg noch die Passage oberhalb der Landstraße am Neubau des Weingutes Klenert entlang, doch dieser Weg sei für die breiten Landmaschinen heutiger Generation einfach zu schmal, erklärt Helmut Schilling.
Doch warum wurde die alte Passage überhaupt mit Leitplanken verschlossen? Das gehe auf eine Anordnung des Landratsamtes Karlsruhe zurück, erklärt Bürgermeister Tobias Borho auf unsere Nachfrage hin. Diese Abfahrt von der Landstraße sei zum einen illegal und zum anderen gefährlich, so die Argumentation der Karlsruher Behörde, erläutert der Bürgermeister. Ebenso sei durch das Weingut und die dort nun häufiger stattfindenden Events mit mehr Verkehr zu rechnen, davon ein guter Teil durch auswärtige und nichts ortskundige Fahrer. Aus diesem Grund müsse die Stadt Kraichtal sicherstellen, dass hier keine reguläre Passage von der Landstraße auf den Wirtschaftsweg möglich sei, dementsprechend blieb Kraichtal nichts anderes übrig als die Leitplanken zu errichten. Vermutlich mit reichlich Zähneknirschen, aber was will man machen. Zuständig für die Straße ist in diesem Fall der Kreis, die Wirtschaftswege aber fallen in die Zuständigkeit der Stadt.
Eine illegale Abfahrt? Von wegen, sagt Helmut Schilling und verweist auf Unterlagen der letzten Flurbereinigung, in der die Passage sehr wohl ganz regulär eingezeichnet sei. Er und eine paar andere Landwirte und Anlieger beschweren sich über die veränderte Begebenheit – Landratsamt Stadt und Polizei treffen sich daraufhin mit Ihnen vor Ort um eine Lösung zu finden. Ganz von der Hand zu weisen sind die Argumente der Beschwerdeführer offenbar nicht, weshalb man vor Ort augenfällig übereinkommt die Auffahrt wieder zu öffnen, gleichzeitig aber eine Schranke zu errichten, die Publikumsverkehr von oder nach dem Weingut unterbinden soll. So wurden die erst kurz zuvor errichteten nagelneuen Leitplanken also wieder entfernt und die alte Zufahrt wieder wiederhergestellt.
Wie sehr die Schranke Autofahrer beeindruckt, lässt sich übrigens bei diesem Schmuddelwetter hervorragend anhand der heute aufgenommenen Fotos beurteilen. Ein im schlammigen Boden verewigter Umleitungsverkehr lässt nicht gerade auf die Akzeptanz dieser Maßnahme schließen. Da macht es schon fast keinen Unterschied mehr, dass Helmut Schilling darauf pocht während der mündlichen Erörterung einen Schlüssel für besagte Schranke zugesagt bekommen zu haben, die Stadt aber nach Rückmeldung des Landratsamtes diesen allerhöchstens in Ausnahmesituationen herausgeben will.
Für Winzer David Klenert ist der ganze Vorgang ein einziger Schildbürgerstreich, „Das wäre was für Mario Barth“ sagt er kopfschüttelnd. Für ihn hätte die Entfernung des Schildes „Tempo 70“ auf der Landstraße gereicht, damit der Verkehr an besagter Stelle nicht so vorüber schießt, den Rest hätte es aber nicht gebraucht.
So bleibt konsterniert festzuhalten: Außer Spesen nix gewesen. Die Kosten für Bau und Abbau der Leitplanken sowie die der Schranke werden durch den Landkreis und die Stadt getragen. Ob hier tatsächlich eine Gefahrenstelle entstanden wäre, wird sich vermutlich niemals wirklich klären lassen. Wer den regen und zuweilen wilden Verkehr auf der Landstraße kennt, kann diese Möglichkeit unmöglich völlig verwerfen. Wissen, kann man es aber nicht. Was man aber weiß, oder vielleicht hätte wissen müssen: Ä bissle mehr miteinander schwätzen, hätt do sicher net gschadt!
Es würde reichen die Schranke zu schliessen , wenn eine Veranstaltung im Weingut ist…
Auf der Landstraße aus Münzesheim kommend in Fahrtrichtung Unteröwisheim steht kurz vor der Einfahrt in den landwirtschaftlichen Weg ein Schild, dass landwirtschaftliche Fahrzeuge überholt werden dürfen. Dadurch hat man eine neue Gefahrenstenstelle geschaffen. Wer denkt sich so etwas aus???
Allerdings nur solche einer Gewichtsklasse, die faktisch auf den Straßen kaum noch unterwegs ist
Pragmatische und flexible Lösungen kommen fürs LRA nicht infrage 😉
Symbolisch für den Zustand Deutschlands im Jahr 2023. Schilda grüßt.
Wie im Großen, so im Kleinen.
Als Steuerzahler bleibt einem das Lachen leider schnell im Hals stecken.
Traurig was da getrieben wird, unnötig Gelder verheizen.
Da wo es sinnvoll wäre ist immer kein Geld da.
Was denn nun Leitplanke oder Schranke?
Haben wir keine anderen wichtigen Probleme?
Ach…war ja nicht abzusehen, oder?
Typisch Chaos Kraichtal!!!
Da muss man nur den Kopf schütteln.
Armes Deutschland.
Wir können gar nichts mehr. Vorher mal überlegen.
Mit dem Geld hätte man mal den Straßenbelag zwischen Minze Ost und Landskopf reparieren können. Ach nee als nächstes kommen bestimmt Schilder mit Tempo 50 hin. :-)
Tempo 30 👏😈
Richtig
Vor Unteröwisheim von ubstadt kommend genauso, eine Schande fürs Ort!
Das Landratsamt und der Herr Bürgermeister sollten mal offenen Auges schauen, wo es in Kraichtal noch viel gefährlichere Stellen gibt!
Die Spuren im Schlamm sind allerdings von größerem Gerät plus Anhänger und nicht vom PKW.
Und wann kommt das 70er Schild wieder weg? Jahrzehnte lang hat es ohne funktioniert (mit ganz wenig Ausnahmen) und besonders unübersichtlich finde ich die Stelle nicht.
Eine Gemeinde die ein Gastronomie und Verantsaltungsgebäude im Aussenbereich zulässt, sollte wissen dass der Verkehr nicht über die Datenautobahn kommt. Vielleicht könnte in der Zukunft ein Landeplatz für Volocopter das Problem lösen. Hätsch de Baua g’frogt, der hät’s g’wisst.
Oder die Landstraße, die mittlerweile längst als B35 Nord fungiert für Schwerlastverkehr <12,5 t sperren. Die Anlieger der Friedrichstraße in U.Ö würden einen solchen Schritt sicherlich sehr begrüßen
Bevor es Schwerverletzte oder Tote gibt.
Da hat sich einer mal wieder wichtig gemacht . So auf die art . Ich hab was zu sagen und so wirds gemacht . Egal obs passt oder nicht , ich die Person sowieso will das so . Kein Hirn
„die Dummheit der Menschen ist grenzenlos“(Albert Einstein).
Die Bauvoranfrage zum betroffenen „Weingut“ vom Juli 2020 an die Stadt Kraichtal beinhaltete die Errichtung eines Weinguts mit Produktions-, Lager- und Maschinenhalle. Das macht ja in Mitten der zahlreichen Weinberge am südlichen Ortsrand von Münzesheim reichlich Sinn. Wäre das Bauvorhaben bei der ursprünglichen in der Bauvoranfrage angegebenen Verwendung geblieben, bräuchte man heute nicht über Zufahrtswege und Schranken diskutieren.
Seit dem das Gebäude zur Partylocation und zum gastronomischen Betrieb erweitert wurde, kamen zusehends die Verkehrsprobleme. Es kann nicht sein, dass Münzesheimern die Jahrzehnte lang vorhandene Zufahrt zu ihren Flurstücken durch eine Schranke versperrt wird um die Interessen eines Einzelnen in den Vordergrund zu stellen. Eine Sperrung des betreffenden Weges für den nicht landwirtschaftlichen Verkehr, einhergehend mit einer konsequenten Sanktionierung wäre die einfachste und kostengünstigste Lösung gewesen.