Jeder Mensch arrangiert sich auf seine eigene Weise mit den Belastungen der Corona-Krise. Die Taktik von Bernhard Brenner, Leiter des Brettener Polizeireviers: Immer schön cool bleiben.
Gesichter können viel über einen Menschen erzählen. Manchmal erzählen sie sogar eine gänzlich andere Geschichte, als jene, die der darin eingebettete Mund von sich gibt. Bei Bernhard Brenner stimmen diese beiden Aussagen allerdings definitiv überein. Der Polizeijargon darf hier übrigens problemlos angewandt werden, denn Bernhard Brenner ist ein waschechter Polizist. Seit vielen Jahren leitet der gebürtige Bayer und leidenschaftliche Wahl-Kraichgauer das Polizeirevier in Bretten. Wenn Bernhard Brenner im Brustton der Überzeugung Dinge sagt wie “Mich bringt nichts aus der Ruhe” oder “Ich habe noch niemals wirklich Angst gehabt” dann reicht ein Blick in sein Gesicht um zu wissen: Der Mann schwindelt nicht. Seine ganze Aura strahlt diese Zuversicht, diese stoische Selbstsicherheit aus.Nur ein Blick reicht aus um festzustellen: Diese glatte Stirn lag noch niemals lange in Sorgenfalten, Augen und Wangen dagegen sind überzogen mit tief geschnittenen Lachfältchen. Zusammen mit seiner allmählich schütter werdenden Tim und Struppi – Tolle hat sich Bernhard Brenner etwas jugendliches, ja – etwas schelmisches bewahrt.
Doch es geht auch anders. Wenn die Situation es erfordert und der Spaß – so sagt man es umgangssprachlich in Bayern – dann auch mal ein Loch hat, können Bernhard Brenners Gesichtszüge auch erkalten, zu einer steinernen Fassade werden. Es ist genau diese Ambivalenz, die einen guten Polizisten ausmacht, die ihn nicht nur als Mensch, sondern auch als Ordnungshüter und Respektsperson definiert. Oder anders ausgedrückt: Wer Bernhard Brenner blöd kommt, wird im Zweifelsfalle auch einmal ohne Samthandschuhe angefasst. Hier darf man sich auch nicht dem Irrtum hingeben, ein Polizist aus dem bräsig-friedlichen Kraichgauer Hügelland, wäre ohnehin nicht “rough tough” genug. Schließlich hat Bernhard Brenner schon über 200 Demonstrationen an vorderster Front begleitet, war im Anti-Konflikt-Team auf Demos jeden Kalibers und hat unzählige Nächte im Einsatz auf dem Cannstatter Wasen durchlebt.
Freundlich, aber bestimmt – auf diese Weise führt Bernhard Brenner auch sein Polizeirevier, mit seinen über 60 Beamten, die gemeinsam für Sicherheit in Bretten, Oberderdingen, Gondelsheim und Walzbachtal bis hinüber nach Kürnbach, Sulzfeld und Zaisenhausen sorgen. Oberstes Gebot für den Polizeioberrat: Präsenz zeigen! “Wir lassen uns sehen” erklärt Bernhard Brenner, der weiß wie wichtig neben der objektiven auch die gefühlte Sicherheit ist. Seine Beamten sind deswegen Tag und Nacht in der Region unterwegs und lassen sich dort blicken, wo es eben gerade wichtig und nötig ist. Die Streifenwagen fahren dabei nicht planlos durch die Gegend, sondern sind immer dort unterwegs, wo in letzter Zeit häufiger Auffälligkeiten gemeldet wurden, quasi in den Mini-Hotspots in und um Bretten.
Genauso pragmatisch wie Bernhard Brenner und sein Team ihre tägliche Routine in Angriff nehmen, wird auch mit den stetig angepassten Corona-Verordnungen umgegangen. “Es gibt Menschen die Vorschriften erlassen und es gibt Menschen die Vorschriften überwachen” fasst er nüchtern mit letztgenanntem seinen Job zusammen. Die Einhaltung der jeweils gültigen Verordnungen kontrollieren die Polizisten aus Bretten aber mit jeder Menge Fingerspitzengefühl. “Es gibt nicht jedes mal auf Biegen und Brechen eine Anzeige, wir haben da gewisse Ermessensspielräume” führt Bernhard Brenner seine Herangehensweise näher aus. In der absoluten Mehrheit der Fälle suchen er und sein Team nur das Gespräch mit den Menschen um sie auf ihr eventuelles und nicht selten unbeabsichtigtes Fehlverhalten hinzuweisen. Nur wenn jemand wirklich bewusst provoziert – sich aus Kalkül und wiederholt gegen die gültigen Regeln auflehnt, bekommt er dann eben auch die gebotene Härte zu spüren. “Es geht schließlich darum die Schwächsten zu schützen, außerdem wollen wir ja schnellstmöglich wieder raus aus der Sache, sagt Bernhard Brenner, dem das Leid vieler Menschen in der Stadt nicht verborgen bleibt. In Gesprächen mit beispielsweise Gastronomen oder Ladeninhabern, aber auch mit Eltern von kleinen Kindern, bekommt er hautnah mit, wie fordernd diese außergewöhnlichen Zeiten sind. “Das belastet mich schon sehr”, räumt der mehrfache Familienvater ein.
Dass diese Belastungen viele Menschen in zunehmendem Maße umtreibt, schlägt sich auch in der täglichen Arbeitet der Brettener Polizisten nieder. “Die Laune sinkt, die Menschen werden ungeduldig und auch schwermütig” weiß Bernhard Brenner, dessen Truppe in den vergangenen Wochen häufiger als sonst zur häuslichen Streitigkeiten hinzugerufen wird. Manchmal treffen die Beamte auf derart aufgeheizte Gemüter, dass sogar Platzverweise ausgesprochen werden müssen. Eine besorgniserregende Entwicklung.
Jammern will im Brettener Polizeirevier aber niemand, alle sind froh über ihre sicheren Jobs und nicht zuletzt die Möglichkeit, weiterhin im Team zu arbeiten und nicht nur zu Hause sitzen zu müssen. Nur eine Sache – in Bretten ein äußerst sensibles Thema – muss an dieser Stelle auch einmal festgehalten werden. Dass das Peter-und-Paul-Fest im vergangenen Jahr ausgefallen ist, hat die Truppe um Bernhard Brenner ungemein entlastet. Für das extrem aufwendige Sicherheitskonzept werden normalerweise viele Wochen Vorbereitungen nötig, von den fünf wilden Tagen, mit ihren gelegentlich auch unschönen Begleiterscheinungen ganz zu schweigen.