Große Herzen hinter Gittern

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Um seine Nachbarn, die Eltern des an Blutkrebs erkrankten Eric zu unterstützen, hat der Justizvollzugsbeamte Christian Ledig eine große Typisierungsaktion im Gefängnis auf die Beine gestellt.

Ein hoher, karger und schmaler Konferenzraum im alten Trakt der Justizvollzugsanstalt Bruchsal. Am Tisch sitzt in seiner schwarzen Arbeitskleidung Christian Ledig, vor sich einen hohen Stapel mit Typisierungs-Kits der DKMS. Von draußen, aus den steinernen Innereien der uralten Haftanstalt, dringen hallend Schritte, das Klappern von Gittern und einzelne Gesprächsfetzen in den kleinen Raum. Jetzt heißt es abwarten. Abwarten ob die Kolleg/innen Christians Aufruf folgen werden und sich heute und hier für die Spenderkartei der DKMS typisieren lassen.

Christian Ledig arbeitet im vollzugliches Arbeitswesen der JVA, ist dort Werkmeister und als Ergotherapeut tätig. Privat lebt er in Bad Schönborn, in direkter Nachbarschaft jener Familie, die in den vergangenen Wochen regelmäßig in den Schlagzeilen war. Als im Viertel die Runde machte, dass Tinas und Heikos Sohn Eric schwer an Blutkrebs erkrankte, war die Betroffenheit groß, ebenso aber die Bereitschaft zu helfen und zu unterstützen. Als es darum ging möglichst viele Menschen zu einer Typisierung zu bewegen um einen geeigneten Spender für den 10-jährigen Jungen zu finden, zögerte Christian nicht lange. Mit Unterstützung der Anstaltsleitung und des Justizministeriums stellte er eine solchen Aktion unter den Bediensteten der JVA auf die Beine.

Nun wartet Christian, hofft darauf, dass sich möglichst viele Kolleginnen und Kollegen dazu entschließen ihren Teil beizutragen. Die Einladungen ging im Intranet an alle Beschäftigten im Café Achteck, ob sich aber genügend Freiwillige finden werden, weiß Christian im Vorfeld natürlich nicht. Wie sich später zeigen sollte, waren aber alle Sorgen unbegründet. Innerhalb kürzester Zeit sind alle Testkites vergeben, sogar mehrere Kolleg/innen aus der Außenstelle in Kislau sind eigens hierfür mit dem Bus nach Bruchsal gekommen – unter ihnen auch deren Leiterin Regierungsdirektorin Annette Hügle.

Rund 30 potentielle neue Stammzellenspender/innen konnten an diesem Tag gewonnen werden – ein weiteres, wichtiges Puzzleteil – nicht nur im Kampf gegen Blutkrebs, das unter Umständen eines Tages jemandem das Leben retten könnte.

Für Eric werden diese neu gewonnenen Proben aber vorerst keine Rolle spielen, ihn erreichte vor wenigen Tagen die frohe Botschaft: Wir haben einen Treffer. Verkünden durfte Eric die schöne Nachricht selbst, die Empfängerin steht ihm schließlich so nahe, wie kaum jemand anderes. Wie sich herausstellte ist Erics große Schwester Lena eine passende Stammzellenpenderin, ihre Merkmale stimmten mit den Suchparametern überein. Wenn nun auch der obligatorische Gesundheitscheck grünes Licht ergibt, kann die Zwölfjährige zur Lebensretterin ihres kleinen Bruders werden.

Bis dahin muss Eric aber dennoch weiterhin die äußerst schwierige und kraftraubende Prozedur der Hochrisiko-Chemotherapie über sich ergehen lassen, erzählt sein Papa Heiko im Telefoninterview. Zwar erträgt der kleine Junge die Strapazen und die mitunter schweren Nebenwirkungen der Behandlung so gut er kann, die Belastung für das Kind, aber auch für seine Angehörigen ist immens. Während Papa Heiko zu Hause versucht den Laden zusammenzuhalten, seiner Arbeit nachgeht um seiner Tochter Lena einen möglichst “normalen” Alltag zu bieten, ist Mama Tina rund um die Uhr bei Eric im Krankenhaus, erlebt alle Höhen und Tiefen hautnah mit und erträgt auch zweifelsohne die ganze nervenzehrende Gefühlspalette von Hilflosigkeit und mütterlicher Sorge. “Obwohl wir ihn doch beschützen wollen, müssen diese Medikamente, die auch Übelkeit und Erbrechen bei Eric hervorrufen, dennoch sein” erläutert Heiko sein väterliches Dilemma, das allen hier mitlesenden Eltern einen dicken Kloß im Hals verursachen dürfte.

Die Familie will weiterhin positiv denken, an das Beste und den besten Ausgang dieser Geschichte glauben. Wie die Chancen für ein gutes Ende und ein Gelingen der Stammzellentransplantation stehen, darüber gibt es keine eindeutige Gewissheit. “Kein Arzt gibt dir darauf eine klare Antwort” erzählt Heiko und fügt mit fester Stimme hinzu: “Es wird gut gehen”.

Unterstützt wird die Familie, die seit Monaten am Rande ihrer Belastbarkeit und darüber hinaus rangiert, von vielen Seiten. Verwandte, Freunde und Bekannte wie zum Beispiel Nachbar Christian, sind aufopferungsvoll für Tina, Heiko, Lena und Eric da. Eine unermesslich wertvolle Unterstützung leisten aber auch die vielen Hilfsorganisationen im Krankenhaus, deren Namen kaum jemand kennt, der nicht in einer solchen Situation gefangen ist. Um Danke zu sagen und handfeste Unterstützung zu leisten, hat die Familie daher ein Spendenkonto zugunsten dieser Organisationen eingerichtet. Spenden sind dringend nötig und herzlich erbeten. Mehr Infos dazu in der unten stehenden Infobox.

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Rund 2500 Menschen sind zwischenzeitlich den Aufrufen gefolgt und haben sich bei der DKMS als potentielle Stammzellenspender/innen typisieren lassen – durch Christian Ledigs Aktion in der JVA Bruchsal sind es nun noch einmal rund 30 mehr. Auch wenn mit seiner Schwester Lena nun eine passende Spenderin für Eric gefunden werden konnte, warten dennoch unzählige Menschen überall auf der Welt auf ihre erlösende Nachricht einer positiven Übereinstimmung und eine Spenderin oder einen Spender. Die Typisierung ist dabei denkbar einfach: Mit einem Wattestäbchen wird ein Abstrich an der inneren Wange vorgenommen, das ganze eingetütet und per Post an die DKMS geschickt. Das war’s auch schon. Mehr Informationen dazu gibt es auf der Webseite der DKMS.

Liebe Leserinnen und Leser, neben der klaren und direkten Aufforderung sich – so noch nicht geschehen – baldmöglichst bei der DKMS oder einer vergleichbaren Organisation typisieren zu lassen, möchten wir Sie auch bitten, ihre guten und positiven Gedanken an Eric und seine Familie zu senden. Vor ihnen liegt noch ein langer Weg, auf welchem sie jede Art von Unterstützung benötigen können. Wenn alles gut geht stehen in wenigen Wochen die Extraktion von Lenas Stammzellen und die Implantation bei ihrem Bruder an. Die Chancen auf ein Gelingen stehen gut, Garantien gibt es aber – wie auch sonst im Leben – keine. Positive Gedanken, ein Daumendrücken und ein Schulterschluss im Geiste, können hingegen in keinem Fall schaden.

Info

Spendenkonto

Folgende Initiativen und Vereine werdeb unterstützt:
Aktion für krebskranke Kinder e.V. Heidelberg
KITZ Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg
Lila Damen und Herren
Ökumenische Krankenhaushilfe an der Kinderklinik Heidelberg


Hierfür wurde ein Spendenkonto eingerichtet. Sämtliche Spenden werden wir zu 100% an die o.g. Organisationen weitergeleitet

Spendenkonto „Gemeinsam für Eric“
IBAN: DE63 6635 0036 0018 6059 09
BIC: BRUSDE66XXX

Darüber hinaus darf natürlich weiterhin gerne die DKMS Deutschland finanziell unterstützt werden:

DKMS Spendenkonto
IBAN: DE64 641 500 200 000255 556
Verwendungszweck: ICE 001

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