Ein viertel Jahrtausend Heinzmann-Mühle

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Vor 250 Jahren übernahm Johann Adam Heinzmann die Obere Mühle

Nachfahren feierten das besondere Jubiläum

Der erste dokumentierte Nachweis für eine Kornmühle in Östringen stammt aus dem Jahr 1341 und betrifft die an der heutigen Alten Straße gelegene Obere
Mühle. Vor mittlerweile 250 Jahren gelangte diese Mühle in den Besitz der Familie Heinzmann – allemal Grund genug für die Nachfahren des damaligen Erwerbers Johann Adam Heinzmann, das außergewöhnliche Jubiläum nun gebührend zu feiern und gemeinsam auf die Historie des geschichtsträchtigen Anwesens zurückzublicken.
Östringen gehörte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit zum Einflussbereich des Bistums Speyer. Bei der ersten urkundlichen Erwähnung der Oberen Mühle handelt es sich um ein Lehensdokument vom 22. April 1341, mit dem Bischof Gerhard von Ehrenberg Festlegungen zu den Abgabepflichten des Lehensnehmers traf. Als verarbeitendes Gewerbe zur Herstellung von Lebensmitteln hatte das Mühlenwesen für die Ernährung der Bevölkerung über viele Jahrhunderte hinweg eine überragende Bedeutung. Unter den Dörfern des Kraichgaus zählte Östringen dabei über lange Phasen hinweg zu den Orten mit den meisten zur Herstellung von Mehl erforderlichen Kornmühlen. Davon gab es nämlich fünf an der Zahl, die teils bis ins 20. Jahrhundert hinein betrieben wurden: die nun seit Langem schon als Heinzmann-Mühle bekannte Obere Mühle, die Stöckinger Mühle unter dem Bollberg, die Mittelmühle am Kirchberg, die Untere Mühle beim Johannisbrunnen vis-à-vis vom heutigen Domizil der städtischen Musik- und Kunstschule sowie die Neumühle am westlichen Teilabschnitt der Hauptstraße, die erst 1979 ihren Betrieb einstellte.

Die Obere Mühle gelangte 1772 bei einer Versteigerung in den Besitz von Johann Adam Heinzmann, damals Schultheiß im nahegelegenen Malsch. Mit dem „Erbbestandsbrief“ des Kollegialkapitels des Ritterstifts Odenheim zu Bruchsal wurde Heinzmann zum Lehensnehmer für das Anwesen und erhielt zugleich, verbunden mit der Verpflichtung zur Leistung gewisser regelmäßiger Abgaben, die Lizenz zum Betrieb der Mühle. Im Zuge der 1803 einsetzenden Säkularisation wandelte sich das Lehen zu Eigentum und mit lediglich einer Unterbrechung Mitte des 19. Jahrhunderts blieb die Obere Mühle ansonsten durchgängig in Händen der Familie Heinzmann.
„250 Jahre Heinzmann-Mühle“ – dieses Ereignis führte jetzt nahezu hundert Nachfahren von Johann Adam Heinzmann und seiner Gattin Maria Anna Jubel zusammen, die er wenige Monate vor dem Erwerb der Östringer Mühle noch
in seiner Heimatgemeinde Malsch geehelicht hatte.

Das große Treffen an der Mühle – Bild: Wolfgang Braunecker

Wie Hartwig Heinzmann, der aktuelle Eigentümer des nach seiner Familie benannten Mühlenanwesens, bei seiner Rückschau auf die Geschichte des Gebäudes im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung eindrucksvoll belegte, sind die Mühen des Alltags jener Jahre sowie die in der damaligen Zeit zu meisternden Krisen des Lebens heute kaum noch nachzuempfinden. Vor der Hochzeit mit Maria Anna Jubel hatte Johann Adam Heinzmann bereits drei Ehefrauen jeweils wenige Jahre nach der Heirat durch deren frühen Tod verloren. Und von den neun Kindern, die Maria Anna Heinzmann zur Welt brachte, musste sie sieben schon zu ihren eigenen Lebzeiten wieder bestatten lassen.
Von den beiden verbliebenen Kindern von Johann Adam Heinzmann und Maria Anna Heinzmann, die das Erwachsenenalter erreichten, stammen die beiden Familienlinien der heute lebenden Nachfahren ab, die nun zum 250-jährigen Jubiläum der
Heinzmann-Mühle in Östringen zusammenkamen. Dabei leitet sich vom älteren Spross, Johann Valentin Heinzmann, nach Auswanderung nach Illinois um 1840 die „amerikanische Linie“ der Familie ab, und der jüngere Sohn, Johann Adam Heinzmann der Zweite, begründete die „deutsche Linie“.

Als Repräsentant der Stadt verband Bürgermeisterstellvertreter Marc Weckemann seine Glückwünsche zum außergewöhnlichen Mühlen-Jubiläum mit dem Hinweis, dass sich mit Otto Heinzmann ein Nachfahre der einstigen Mühlenbesitzer in den Jahren vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten von 1919 bis 1933 sowie in der Zeit unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs von 1945 bis 1948 als Bürgermeister in verdienstvoller Weise für die Belange der Östringer Bevölkerung
eingesetzt hatte.

Der katholische Stadtseelsorger Thomas Glatzel erbat beim Mühlen-Fest den Segen Gottes – für das so traditionsreiche Anwesen, für die Nachfahren von Johann Adam Heinzmann und Maria Anna Heinzmann sowie für die weiteren in großer Zahl zu der denkwürdigen Jubiläumsveranstaltung aus dem In- und Ausland angereisten Gäste.
Dass der Zusammenhalt unter den „Heinzmännern“ noch immer Besonderes zu bewirken vermag, zeigte sich auch bei der Jubiläumsfeier im Mühlenhof. Während der Begrüßung der Gäste durch Hartwig Heinzmann brauste ein heftiges Unwetter über Östringen und ging auch über dem Gelände der Heinzmann-Mühle ein starker Regenguss nieder. Ohne viele Worte packten alle Anwesenden mit an, hielten gemeinsam die von heftigen Windböen kräftig durchgerüttelte Zeltkonstruktion mit festem Griff am Boden – und wendeten sich nach dem Abflauen des Wolkenbruchs ohne viel Aufhebens wieder dem Programm des Mühlenjubiläums zu.

Von Wolfgang Braunecker / Stadt Östringen

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3 Gedanken zu „Ein viertel Jahrtausend Heinzmann-Mühle“

  1. Hoffen wir, dass diese Muehlentradition noch lange weiter geht. Schade ist es nur um die vielen kleinen anderen Mühlen, die dem Zeitgeist nicht standhalten konnten und wo man noch regional Futter und Mehl einkaufen konnte. Mich hat dieser riesige, laute Organismus immer fasziniert.

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