Der Teufel fährt GER

|

Wenn de Pälzer kummt, hilft nur noch beten

Eine Kolumne von Tommy Gerstner

Eigentlich hätte ich es schon lange wissen müssen. Spätestens seit jenem schicksalshaften, stürmischen Herbsttag 1985, als mich mein Großvater auf dem Sterbebett ganz dicht an sich heran zog und mir mit brechender Stimme eine letzte Weisheit mit auf den Weg gab: “Junge, vergiss nie: GER, LD, LU – steig aus, lauf zu”. Damals wusste ich nicht was der weise Mann mir sagen wollte, heute jedoch, viele Autofahrten über die Schaufelspitze des Todes später, dort wo B35 und B9 aufeinandertreffen, weiß ich nun dieses letzte Vermächtnis des alten Mannes zu schätzen.

Doch der Reihe nach. Um zu verstehen was ich euch sagen möchte, müssen wir einen kurzen Exkurs in die frühe Geschichte unserer Heimat unternehmen. Schon seit vielen Jahrhunderten durchleben auf dieser Seite des mächtigen Stromes Rhein, die Badner ein niemals endendes goldenes Zeitalter. Die Menschen hier sind seit jeher fleißig, klug und so wunderschön, dass Reisende ihre Augen bedecken müssen, um ob dieser sagenhaften Schönheit nicht zu erblinden. Baden gilt als die Wiege jeglicher Kultur und als Keimzelle aller großen Technologien der Menschheitsgeschichte.

Wann immer die Menschen damals entlang des Rheins flanierten, sich zum Philosophieren und Diskutieren an seine Gestaden begaben, ließen sie doch stets Ihren Blick über das große Wasser schweifen und stellten sich die Frage: Was mag wohl auf der anderen Seite sein. Doch keines der Boote mit den ausgesandten Kundschaftern kam jemals wieder zurück und des Nachts hörte man wildes Geschrei und Trommelgeräusche vom anderen Ufer.

Eines Tages beschlossen die Badner ihren eigenen Ängsten die Stirn zu bieten und bauten eine große Autobrücke bei Philippsburg über den Rhein. Ihr edles Ziel war es die paradiesischen Zustände Badens und dessen Hochkultur auch bei den Bewohnern der anderen Flussseite zu verbreiten. Doch wie groß muss der Schock unsere Ahnen gewesen sein, als sie am anderen Ufer auf ein einfaches und wildes Volk stießen, das unter einfachsten Verhältnissen vor sich hin vegetierte. Ihre Sprache setzte sich aus gutturalen Lauten wie: Aaschkitzelscha, Bottschomber oder Affezibbel zusammen und sie sprachen sich gegenseitig mit Sätzen an wie: Wenn dei Gosch g’halle hättsch, hät kä Sau gmergt, daß’d bleed bisch.

Nach Wochen der zaghaften, gegenseitigen Annäherung, beschlossen die Badener schließlich den Eingeborenen auf der linken Seite des Rheins, die sich selbst als Pälzer bezeichneten, mit den Errungenschaften badischer Technologie unter die haarigen Achseln zu greifen und überließen Ihnen die Baupläne für ein Automobil. Rückblickend – hier sind sich Wissenschaft und Geschichtsschreiber einig – war dies der größte und fatalste Fehler, der jemals von den Badnern begangen wurde.

Heute, viele Jahre später, verfügt fast jeder Pälzer über ein eigenes Auto und sucht damit nicht nur die eigenen Jagdgründe, sondern auch das badische Hoheitsgebiet auf der rechten Rheinseite heim.

Wer schon einmal im Grenzgebiet unterwegs war, der kann mit Sicherheit von schicksalshaften Begegnungen mit Pälzer Autofahren berichten. Die herausragendste Eigenschaft in deren Fahrstil, ist das unbändige Streben nach immer höheren Geschwindigkeiten, bei gleichzeitiger, völliger Ignoranz des eigenen Selbsterhaltungstriebes. Wenn Pälzer zum Überholen ansetzen, achten Sie nicht darauf ob ihnen auf der Gegenfahrbahn ein Fahrzeug entgegenkommt, sie tun es einfach. Ohne zu blinken scheren sie aus und drücken das Gaspedal bis zum Bodenblech durch. Wenn Ihnen dabei ein badischer Fahrer, ordnungsgemäß mit Strich 70 km/h und den Händen am Lenkrad auf 10 und 14 Uhr unterwegs entgegenkommt, hilft nur noch ein Stoßgebet zum Himmel zu schicken und so weit Platz wie möglich zu schaffen.

Meist ist der Pälzer in einem tiefergelegten Fahrzeug aus den eigenen Werkstätten in Kaiserslautern unterwegs, das oft mit dunkel verklebten Fenstern und zuweilen auch mit einem Spoiler ausgestattet wurde. Sie erkennen die Herkunft der Fahrer oft an den Merkmalen modischer Ausstattung, die bei uns vor 20 Jahren angesagt war, die andere Rheinseite aber erst kürzlich erreicht hat. Oft haben sie auf dem Beifahrersitz ihre Gefährtin an ihrer Seite. Diese heißen meist Schakliihn, Tamaraaah oder Nihnaaah, tragen Tanktops, Tribal Tatoos und färben sich oft einzelne Haarstränen algen-grün oder blass-rosa. Um ihren Partnerinnen zu imponieren, fahren Pälzer sogar meist noch schneller und waghalsiger, als es ohnehin schon der Fall ist

Generell gilt, kommt ihnen ein Fahrzeug mit den drei Buchstaben GER auf dem Nummernschild entgegen, gehen sie besser kein Risiko ein. Bremsen Sie Ihr Fahrzeug ab, bringen sie es am Straßenrand zum Stillstand, klettern sie auf den nächstgelegenen Baum und warten Sie dort das Morgengrauen ab, erst dann kehren die meisten jungen Pälzer in ihre Behausungen zurück.

Ein Ratgeber zur Verfügung gestellt von Thomas Gerstner. (Fünf Jahre jeden Tag von Bruchsal nach Ludwigshafen und zurück gependelt – Erfahrungswerte überspitzt dargestellt, jedoch nicht aus der Luft gegriffen)

Isch lib Eisch drotzdem, Ihr gude Pälzer, schee das när alle do sin

PS: Sie können diesen Artikel auch gerne problemlos für ihre eigenen Zwecke anpassen. Ersetzen Sie einfach „Badener“ durch ihren eigenen Volksstamm, „Pfälzer“ mit jenen Autofahrern, die sie persönlich auf der Straße rüpelhaft erleben und schließlich noch „GER“ mit deren angestammten Kennzeichen. Voilá

Dieser Beitrag erschien erstmals 2018

Vorheriger Beitrag

Sternenfels: Schwerer Verkehrsunfall, Zusammenstoß von Traktor und Motorrad

Neues Café in Weiher geplant

Nächster Beitrag

10 Gedanken zu „Der Teufel fährt GER“

  1. Vielleicht sollten wir erstmal über die badischen Idioten lästern. Davon gibts genug. Die fünf Pfälzer sind den Aufwand wohl kaum wert.

  2. In Karlsruhe und deren Bewohnern gehört der Blinker zum Anzeigen der Fahrtrichtung oder Spurwechsel zum zum Sonderzubehöhr des Fahrzeugs und wurde bei den meisten nicht bestellt. Da könnte man auch mal ansetzen.

  3. Immer wieder interessant wie sich manche Individuen persönlich angesprochen fühlen und direkt mal in den Kommentaren dagegen feuern :) :)
    Unterstreicht die Thematik auf doch recht amüsante Weise.

  4. Die Kolumne von Tommy Gerstner :)) eine echte Bereicherung und immer mit Witz und Charme geschrieben :)) . Bleibt locker Leute , das Leben ist ernst genug .

  5. Eine Frau aus der Pfalz braucht dringend Geld. Sie fährt zusammen mit ihrem Buben nach Karlsruhe um eine Bank zu überfallen. Dem Kassierer hinter dem Schalter schiebt sie ein Zettel hin auf dem steht: Das ist ein Überfall. Der Kassierer fragt sie verduzt „Ist das ihr Ernst“? Worauf die Frau entgegnet: Nein, das ist der Fritz, der hat nur dem Ernst sei Kapp uff.

  6. Ein wunderbarer Artikel über unsere liebenswerten“ Pälzer“.Schon in den 80zigern,als ich in Karlsruhe gearbeitet habe,war Vorsicht geboten vor dem Kennzeichen“ Ger“.Heute ist Vorsicht vor vielen Kennzeichen geboten.Aber gehen wir gerade deshalb mit gutem Beispiel voran,bleiben wir höflich und gehen trotz allem respektvoll miteinander um.

Kommentare sind geschlossen.