Vor 10 Jahren begann der Zusammenbruch des Schlecker-Imperiums. Heute erinnert in der Region nicht mehr viel an die blaue Marktmacht, mit Läden in jedem Dörfchen.
Es sind gemischte Gefühle, denke ich an die großen Jahre der Schlecker-Märkte zurück. Hier habe ich jede Woche mein Taschengeld ausgegeben um damit Leerkassetten zu kaufen, mit denen ich dann vom Fernsehen den Ton von Raumschiff Enterprise aufgenommen habe. Hier habe ich die Filme aus meiner ersten, billigen Taschenkamera zum Entwickeln vorbeigebracht, hier habe ich Anti-Pickel-Mittel und Wattepads in rauen Mengen erstanden und hier habe ich schamesrot mein erstes Päckchen Verhüterli gekauft.
Ein Besuch bei Schlecker war immer etwas rationales, etwas pragmatisches – niemals etwas ästhetisches. Als der Konkurrent dm seine ersten Märkte eröffnete und dort alles irgendwie heller, bunter, freundlicher und einladender war, erschienen mir die wie aus der Zeit gefallenen Schlecker-Märkte irgendwie trostlos. Eine einsame Mitarbeiterin pro Filiale die alten Omas das Putzmittel und den Pennern das Dosenbier abkassierte, während im Hintergrund in Dauerschleife Werbe-Bla Bla aus den blauen Röhrenfernsehern dröhnte.
Hingegangen bin ich trotzdem immer wieder, auch wenn Glamour und Schick auf der Strecke blieben. Dann Schlecker hatte einen großen Vorteil: Er war immer in der Nähe. Schnell eine Packung Kaminanzünder im Winter, eine Schachtel billige Pralinen, wenn irgendein Geburtstag vergessen wurde oder eben die just ausgegangene Zahnpasta – in jedem Dorf gab es einen der kleinen Märkte, der all dies stets zur Hand hatte.
Vor zehn Jahren begann für das gigantische und einstmals milliardenschwere Drogerie-Imperium allerdings der Niedergang. Ende des Jahres 2011 tauchten erste Artikel in den bundesweiten Medien auf, die über die schwere, finanzielle Schieflage des Konzerns aus Ehingen berichteten. Anfang Januar 2011 wurden die schlimmsten Befürchtungen wahr, Schlecker meldete Insolvenz und abertausende Mitarbeiter/innen überall im Land bangten um ihre Arbeitsplätze. Die erste Entlassungswelle rollte im März unaufhaltsamen zwischen Kiel und Konstanz. 2.500 Filialen wurden in der ersten Phase geschlossen, fast 12.000 Mitarbeiter waren davon betroffen. Als im Sommer 2012 die Gläubiger beschlossen, das Imperium komplett zu zerschlagen, starb auch der Rest der noch verbleibenden Schlecker-Drogeriemärkte. Im Juni erhielt die unglaubliche Zahl von fast 30.000 Mitarbeiter/innen die Kündigung und überall in den blau-weißen Märkten gingen die Lichter aus. Schlecker war Geschichte, das juristische Nachspiel sollte noch viele weitere Jahre andauern.