Zur kleinen Feierstunde, anlässlich der Eröffnung der Wanderausstellung #StolenMemory, auf dem Parkplatz neben der Mehrzweckhalle waren zahlreiche Besucher aus Nah und Fern gekommen.
Hartmut Hubbuch, 1. Vorsitzender des Heimatvereins Neuenbürg begrüßte insbesondere Charlotte Großmann von den Arolsen Archives, Elisabeth Hilbert, 1. Vorsitzende des Vereins Jüdisches Leben im Kraichgau sowie Bürgermeister Tobias Borho, die alle ein kurzes Grußwort sprachen, ebenso die anwesenden Gemeinderäte sowie Vertreter der Ortsvereine und viele interessierte Kraichtaler.
Christopher Vila, 1. Vorsitzender des Heimatvereins Egling a. d. P., hatte den Kontakt zwischen dem Heimatverein Neuenbürg und den Arolsen Archives hergestellt. In Freundschaft zu Matthias Zimmermann vom örtlichen Heimatverein hieß es: „Diese Ausstellung passt genau zur Geschichte eures kleinen Ortes“. Und so griffen nach und nach die Rädchen ineinander, bis man nun endlich am 5. November 2022 diese interessante und wichtige Wanderausstellung #Stolen Memory, in Kraichtals kleinstem Stadtteil eröffnen konnte.
Hubbuch ging in seiner Ansprache auf die Geschichte Neuenbürgs, mit der Evakuierung der gesamten Bevölkerung, unmittelbar zu Kriegsende, ein. Das französische Militär erklärte im April 1945 das Dorf zur Quarantänestation und verlegte 413 befreite Inhaftierte des Konzentrationslagers Vaihingen-Enz nach Neuenbürg (nicht jenes bei Pforzheim). In den knapp 9 Wochen ihrer Anwesenheit in Neuenbürg verstarben 28 der Menschen, die auf dem örtlichen Friedhof in einem Gräberfeld bestattet sind.
Ihm folgte der Schirmherr des Projekts, Bürgermeister Tobias Borho, der sich freute, dass die Kooperation mit der Gemeinschaftsschule im Kraichtaler Stadtteil Münzesheim geklappt hat und somit Schülerinnen und Schüler verschiedener Altersstufen hier, außerhalb der Klassenzimmer, „Geschichte vor Ort“ erleben und erlernen können. Hierzu finanziert die Stadtverwaltung den Schülertransport für dieses bedeutende Projekt „gegen das Vergessen“. „Nie wieder Krieg, Vertreibung, Terror, Hass und Faschismus“, waren die Worte des Stadtoberhauptes. Er dankte allen Organisatoren für ihr großes Engagement und appellierte an die Besucher: „Sagen sie es weiter, nutzten sie die Chance und kommen sie mit Freunden und Bekannten nach Neuenbürg“.
Elisabeth Hilbert zeigte sich sehr erfreut darüber, dass der Bürgermeister und die ganze Stadt hinter diesem Projekt stehen. Sie erläuterte die gemeinsamen Weg und die Partnerschaft ihres Vereins mit der Stadt Kraichtal seit 2009. Vermutlich sei dies, mit 500 Seelen, der kleinste Ort in dem die Wanderausstellung einen Platz findet, so Hilbert. Auf die außergewöhnliche Geschichte des Ortes wurde ihr Verein bei einem Ausflug in die KZ-Gedenkstätte Vaihingen a. d. Enz aufmerksam. 2015 besuchte die Gruppe den besonderen Friedhof mit seinen drei Bereichen, hier wurden 2020 die Gedenktafeln in Form eines aufgeschlagenen Buches enthüllt und somit feierlich eingeweiht.
Charlotte Großmann als Vertreterin der Arolsen Archives dankte für die Einladung und erwähnte, wie wichtig die Arbeit der Vereine vor Ort sei. Auch dankte sie Herrn Vila für die Vermittlung von spannenden Kooperationspartnern, wie Neuenbürg. Die Sammlung der Arolsen Archives gehören zum UNESCO Welt-Dokumentenerbe und mit dem Projekt #StolenMemory versucht das Archiv persönliche Gegenstände (Effekten), wie bspw. Taschenuhren, Bilder, Eheringe oder Brillen von KZ-Häftlingen an die Angehörigen der Opfer zurückzugeben.
„Dies sind sehr emotionale und bewegende Momente. Wir sind auf digitalisierte Archive angewiesen, denn diese erleichtern die Recherche ungemein und wir nutzen auch den technischen Fortschritt der Sozialen Medien“, so Großmann. #StolenMemory will Geschichten erzählen, in dem die Ausstellung zu den Menschen kommt und nicht die Menschen zur Ausstellung. Mittlerweile gibt es vier Container, die in Deutschland und Europa unterwegs sind. Im Anschluss führte Großmann die Besucher durch die Ausstellung und wusste bewegende Geschichten zu den Effekten zu berichten. Alles kann anhand von QR-Codes vor Ort oder auch zu Hause nachgelesen und vertieft werden. Abschließend führte Hartmut Hubbuch interessierte Gäste noch über den besonderen Friedhof und erläuterte dort nochmals dessen Geschichte.
Die Anwesenden bekamen die Niederschrift mit dem Titel: „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“, von Hr. Banghard zusammengetragen, mit nach Hause.
Der große, blaue Übersee-Container steht nun bis einschl. 22. November auf dem Parkplatz der Mehrzweckhalle in der Jedermannstr. 20 und ist täglich von 8:30-17:30 Uhr für die interessierte Bevölkerung geöffnet. Gruppen können sich direkt beim Heimatverein Neuenbürg, unter: Heimatverein.Neuenbuerg@web.de anmelden. Die im letzten Mitteilungsblatt angegebene Mailadresse ist nicht mehr aktiv – bitte bereits angemeldete Gruppenführungen nochmals unter der neuen Mailadresse anmelden
Text und Foto: Carmen Krüger / Stadt Kraichtal