Zülfi kriegt sie alle

| , ,

Heidelsheimer Kult-Imbiss wird 15 Jahre alt

Irgendwie ist es über die Jahre ein Ritual geworden: Wenn mir meine Frau eröffnet, dass es am Abend ein Mahl meiner Unwahl gibt (Zuchini, Brokkoli, Aubergine und Co), gebe ich vor noch schnell etwas einkaufen zu fahren, werfe meinen Roller an und dann geht´s ab nach Heidelsheim. Vor dem großen Real-Markt steht direkt vor dem Haupteingang eine kleine Imbiss-Bude. Wenn ich meine Roller daneben abstelle, steht er meistens schon da und grinst breit. Der Imbiss-Wirt meiner Wahl heißt Zülfi, hat die 60 schon längst gerissen und steht Tag für Tag in seiner kleinen Junk-Food-Feldküche parat. Eigentlich heißt Zülfi ja Agop Zülfikaroglu, aber den Zungen seiner Kunden zuliebe hat er das Ganze etwas abgekürzt. 1969 kam er mit seinen Eltern als Gastarbeiter nach Deutschland. Zuvor lebte seine Familie mit armenischen Wurzeln in Istanbul. In Deutschland lernte Zülfi dann seine Liebe Merjem kennen und die beiden heirateten. Gemeinsam betrieben sie zuerst eine eigene Tankstelle, dann eine kleine Spedition. Irgendwann Anfang der 2000er eröffneten sie dann im Heidelsheimer Einkaufscenter einen Stand für orientalische Feinkost. Es folgten das Markt-Restaurant und irgendwann auch der Imbisswagen. Und hier steht er nun seit 10 Jahren und hat seither gefühlte 250 Millionen Currywürste gebraten und einer Armada Hühnern beim Rotieren am großen Grill zugesehen.

Es ist nicht die schöne Lage, die den Besuch bei Zülfi zu etwas Besonderem macht. Zwischen Parkplatz und Supermarkt kommt eher selten die große Idylle zum Zuge…. Es ist auch nicht das extrem herausragende Essen, wobei alles solide zubereitet wird und durchaus gut schmeckt… Es ist das Gesamtpaket, dass Spaß macht. Ein Imbiss muss ein bisschen verranzt wirken und á la Ruhrpott-Büdchen eher pragmatisch als romantisch aufgestellt sein. Das Schöne: Hier trifft sich Gott und die Welt. Der Internist, der nach dem Einkauf noch eine Currywurst verdrückt, die zwei Mörtel-bedeckten Stuckateure in ihrer Vesperpause und die gestresste Mama, die aus Zeitmangel für die Familie drei halbe Hendl mitnimmt. Bemerkenswert ist: Die meisten Kunden verputzen ihre Wurst oder ihre Haxe direkt am Imbisswagen. Dazu ein Bier und ein bisschen mit Zülfi schnacken. Der gemütliche Kiosk-Keeper hat immer ein Lächeln auf dem Gesicht und steht seinen Mann in jedem Small-Talk-Scharmützel.

Und so werde ich auch heute wieder bei Zülfi auf der Matte stehen und meinen Cholesterin-Spiegel etwas ankurbeln. Woher ich das weiß? Na ja, meine Frau hat gerade gesimst: Heute Abend gibt´s Rosenkohl. Solange dieser auf Zülfis XXL-Feuerwurst fällt, soll mir alles recht sein.

Artikel erstmals erschienen im Sommer 2017

Vorheriger Beitrag

40 Jahre Naturpark Stromberg-Heuchelberg

50.000 Euro Schmerzensgeld – Urteil im Eppinger „Hexenkessel-Prozess“ gefallen

Nächster Beitrag