Religiöser Spam in Bruchsal erhitzt Gemüter

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Religiöser Spam in Bruchsal erhitzt Gemüter
Bildmontage: Redaktion

Wenn Vollpfosten Mist an Pfosten posten

Eine Meinung von Tommy Gerstner

Dieses schmuddelige, letzte Januar-Wochenende, war wie geschaffen dafür gemütlich zuhause auf der Couch zu lümmeln. Wer sich jedoch aufmachte um ein wenig in der Bruchsaler Innenstadt zu flanieren, der bemerkte vielleicht aus den Augenwinkeln ein paar Zettel ganz oben an den Laternenmasten. Wer dann etwas genauer hinsah, die Augen zusammenkniff und den Nacken streckte, der konnte mitunter folgende Botschaften lesen.

„Ich bin gesandt worden um das Kreuz zu brechen, das Schwein zu vernichten“ oder „ermahnt sie (die Frauen), meidet sie im Ehebett und schlagt sie.“

Während der erste Teil noch leicht mit dem Slogan der deutschen Fleischer-Innung verwechselt werden kann, treibt der zweite Teil schon eher die Augenbrauen in die Höhe. Doch anstatt sich die Frage zu stellen warum man heiraten sollte wenn doch das Ehebett zu meiden wäre, kombiniert unser medial gejailbreaktes Hirn diese Botschaften mit dem darunter prangenden Halbmond und führt spontan das Programm Xenophobie.exe aus. Auf Facebook bahnt sich sogleich die Empörung ihren Weg und das digitale Schlamm-Catchen der „aufrechten Besorgten“ und der „Links-Versifften Gutmenschen“beginnt. Der olle Pawlow hätte seine wahre Freude gehabt.

Doch stelle man sich einfach mal vor, auf den Plakaten stünde: „Der Orang-Utan steht im Wald und brüllt das es nach Kraichtal schallt“, oder „Oisch plöhde Kristen sollte man fisten“…Ganz egal, setzen Sie einfach irgendeinen x-beliebigen Schwachsinn ein, ob die Quelle nun die Bibel, der Koran oder ein Songtext von Roy Black und Anita ist.  Was macht man mit Schwachsinn? Richtig, man ignoriert ihn! Hätte jemand diese Worte auf Facebook gepostet, so könnte man ihn melden und den Absender blockieren. Hier ist es noch einfacher! Dreht den Kopf ein paar Grad nach links oder rechts und schon müsst ihre den Schwachsinn nicht mehr sehen. Wenn ihr gelenkig genug seid, dann klettert den Mast nach oben und reißt den Quark ab – Fertig. Es ist egal wer diesen Bockmist aufgehängt hat, wichtig ist nur dass wir ihn nicht ernst nehmen, nicht darauf eingehen. Erinnert Euch doch an unsere Schulzeit. Die Schulhof-Rambos haben nur von Aufmerksamkeit gelebt, war diese weg – waren sie bald weg.

Doch in den Diskussionen um diese A4-Zettel mit ein paar Zitaten aus Koran-Suren und Ahmadiyya-Schriften, könnte man fast den Eindruck gewinnen als würden wir derzeit in Brusl-City den Showdown der Systeme austragen. Da wird von spaltender Wirkung und der Gefährdung von Kindeswohl schwadroniert, sowie Vorhaltungen an die Polizei ausgesprochen, dass sie ihren Sonntag nicht dafür genutzt haben um bei 0 Grad an Laternenpfosten hochzuklettern. Leute… eine Gesellschaft die sich von Zetteln an Laternenpfosten aus dem Gleichgewicht bringen, geschweige denn spalten lässt, muss sich vielleicht die eine oder andere selbstkritische Frage stellen. Und hört auf immer mit der Kinder-Keule zu schwingen. Wollt Ihr Eure Kids von allem abschirmen, so dass sie mit 18 das Haus verlassen und plötzlich verwundert feststellen, dass die Welt um sie herum gar nicht von Bob dem Baumeister zusammengeschraubt wurde? Lest Ihnen die Plakate vor, erklärt Ihnen warum sie jemand aufgehängt hat und wo sie sich die Aussagen darauf hinstecken können.

Was glaubt ihr wohl wollten die Typen die diese design-technische Meisterleistung, mit gefrorenen Klöten am kalten Mast nach oben rutschend, vor unseren Augen platzierten wohl erreichen? Doch nichts anderes als unsere Empörung! (Dass die Jungs oder Mädels glaubten, wir würden zuhause sofort von Sex auf Kloppe umrüsten, dürfte auch für strohdoofe Dummlinge unrealistisch gewesen sein) Lasst die Empörung also bleiben und kehrt zurück zu unserer Kernkompetenz – der guten alten badischen Gelassenheit. Losst se babble… und gut isch!

Wir leben in einer Welt mit vielen Stimmen, vielen Meinungen, vielen Geschichten und Gesichtern. Kommt damit klar und lebt damit. Hysterie hat noch niemandem weitergeholfen. Oder wie es der alte Hape formuliert:

Ja so isses Leben halt, mit Heulen wirste net sehr alt.

 

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