Der verbotene „Polizeiruf 110“ aus Eppingen

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Vor 25 Jahren liefen in Eppingen die Dreharbeiten für die umstrittene Folge der Kultserie an.

Neonazi-Terror in der Fachwerkstadt

Samstags, wenn Krieg ist. So lautet der Titel eines Romanes von Klaus-Peter Wolf aus dem der Süddeutsche Rundfunk 1993 das Drehbuch für eine Folge der TV-Serie „Polizeiruf 110“ entwarf. Die Handlung hatte es in sich… So spielt die Story in einer süddeutschen Kleinstadt namens Ichtenheim, in der es eine ausgeprägte Neonazi-Szene gibt. Der Anführer der Truppe trägt den schönen Namen Wolf und seine rechte Hand ist der weitaus gemäßigtere Siggi. Siggi hat einen behinderten Bruder namens Jogi, der Wolf aufgrund seiner Behinderung von jeher ein Dorn im Auge ist. Die Samstag-Abende verbringt die Truppe damit sich in der Dorfkneipe volllaufen zu lassen und danach ihre Gewaltfantasien auszuleben, z.B. mit der Schändung des örtliches Judenfriedhofes. Der stets aggressive Wolf beobachtet eines Abends wie seine Ex-Freundin Renate, in die er immer noch verliebt ist, mit dem Besitzer der örtlichen Pizzeria turtelt und sieht sofort rot. Mit seiner Schlägertruppe verwüstet er das Restaurant, schlägt den Besitzer krankenhausreif und begibt sich auf die Suche nach Renate. Er lauert ihr im Wald auf und stellt sie zur Rede. Das Gespräch eskaliert und Wolf würgt Renate zu Tode. Yogi, Siggis behinderter Bruder, wird zufällig Zeuge der Szene und läuft schreiend davon. Wolf holt ihn ein und droht ihm mit dem Tode, sollte er etwas davon Siggi erzählen. Durch die intensiven Ermittlungen der Polizei kann das Komplott und sogar ein geplantes Sprengstoff-Attentat am Ende aufgeklärt werden und Wolf wird beim Showdown von Kommissarin Bilewski erschossen.

Wie der Artikel-Name schon vermuten lässt, wurde diese Folge der bereits Anfang der 70er – Jahre in der DDR produzierten Krimi-Serie zu großen Teilen in Eppingen gedreht. Aus Eppingen wurde die fiktive Kleinstadt Ichtenheim, doch Ortsansässige erkennen viele Schauplätze wieder. So fährt der Bus mit Siggi zu Beginn der Folge von der Rappenauer Straße am Marktplatz vorbei Richtung Brettener Straße. Nostalgiker kommen hier voll auf Ihre Kosten, sieht man doch Geschäfte die es schon lange nicht mehr gibt: Den Gemischtwarenladen von Herrn Maas, die Bäckerei von Frau Petri, die Volksbank und die Reinigung gegenüber der Brauerei oder die Metzgerei Feeser am Marktplatz.

Die mit Abstand meisten Szenen wurden im Haus der Familie Ziegler in der Adelshoferstraße gedreht, dort wo heute die Frauenarzt-Praxis ist. Das Haus diente als Drehort für das Heim von Siggis und Jogis Familie und wurde vom Team des SDR komplett möbliert und sogar gestrichen. Die Bilder zeigen mitunter das Wohnzimmer in welchem viele der Szenen gedreht wurden. Auch in der Eppinger Altstadt war das Filmteam zugange – die Kneipe, in der die Schlägertruppe jeden Samstag ihre Siegesfeiern abhielt, war das Nebenzimmer der Gaststätte Eichbäumle. Die Dreharbeiten für die Nachtszenen sorgten 1993 für viel Wirbel in der Stadt, mussten doch ganze Straßenzüge dafür gesperrt werden und riesige Beleuchtungskräne tauchten alles in gleißendes Licht. Der im Film von den Skinheads verwüstete jüdische Friedhof befindet sich auch in Eppingen und wurde tatsächlich über die Jahre schon mehrmals geschändet.

Große Namen waren damals am Set zugegen. Die Rolle von Wolf spielte kein Geringerer als Heino Ferch, der vielen aus der „Baader-Meinhof Komplex“ oder „Vincent will mehr“ bekannt sein dürfte. Auch Angelica Domröse ist einer der ganz großen Namen deutscher Schauspielgeschichte. „Die Legende von Paul und Paula“  aus dem Jahr 1973 machte sie zu einer der bekanntesten Schauspielerinnen der damaligen DDR. Die Rolle von Siggi spielte Markus Knüfken, der als Andy in der Ruhrpott-Komödie „Bang Boom Bang“ einem breiten Publikum bekannt wurde.

Die Folge „Samstags, wenn Krieg ist“ wurde im Sommer 1994 auf dem Münchener Filmfest das erste Mal gezeigt und lief drei Monate später das erste Mal im Fernsehen. Vor 11 Jahren am 27. Dezember 2006 jedoch, verschwand die Episode dann im Giftschrank des SWR. Dieser gab bekannt, dass der Film „wegen der missverständlich aufgenommenen Darstellung von Gewalt […] bis auf weiteres nicht wiederholt wird.“ Damit ist „Samstags, wenn Krieg ist“ die einzige Folge, die jemals für die Fernsehausstrahlung mehrere Jahre gesperrt war. Mittlerweile ist die Episode wieder freigegeben worden.

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